Justitia 4.0: Zentrale Plattform für elektronischen Rechtsverkehr und Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ)

Der Bundesrat legt den Grundstein für den elektronischen Rechtsverkehr. Über eine hochsichere zentrale Plattform sollen die Parteien in Justizverfahren künftig digital kommunizieren. An seiner heutigen hat der Bundesrat das neue Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) in die Vernehmlassung geschickt. Werden Anwältinnen und Anwälte also bald voll Remote arbeiten und das Leben von Digital Nomads führen können?

Das von den Eidgenössischen Gerichten und den kantonalen Straf- und Justizvollzugsbehörden initiierte Projekt Justitia 4.0 führt die Schweizer Justiz in die digitale Zukunft. Damit alle an einem Justizverfahren beteiligten Parteien mit den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden Daten austauschen können, soll eine hochsichere, zentrale Plattform aufgebaut werden. Mit dem neuen Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) will der Bundesrat die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen schaffen. An seiner Sitzung vom 11. November 2020 hat er dazu die Vernehmlassung eröffnet. Diese dauert bis am 26. Februar 2021.

Der elektronische Rechtsverkehr soll für professionelle Anwenderinnen und Anwender (beispielsweise Anwältinnen und Anwälte, Gerichte oder Behörden) obligatorisch werden. Private, die dem Obligatorium nicht unterstehen, können die Plattform ebenfalls nutzen. Sie können aber weiterhin per Post mit Gerichten und Behörden kommunizieren.

Bund und Kantone betreiben Plattform gemeinsam

Die neue digitale Kommunikationsplattform betrifft sämtliche Justizbehörden in der Schweiz. Deshalb schlägt der Bundesrat vor, dass die Plattform von Bund und Kantonen gemeinsam aufgebaut und finanziert wird. Dazu soll eine öffentlich-rechtliche Körperschaft gegründet werden. Die Kosten für Aufbau, Einführung und Betrieb in den ersten acht Jahren werden auf insgesamt rund 50 Millionen Franken geschätzt.

Für die Nutzung der Plattform sollen die Behörden eine Gebühr bezahlen, die sie auf die Nutzerinnen und Nutzer überwälzen können. Bereits mit einem tiefen zweistelligen Frankenbetrag pro Verfahren lassen sich die jährlichen Betriebs- und Weiterentwicklungskosten decken. Ausserdem werden mit dem elektronischen Rechtsverkehr Kosten wie Post- und Kopiergebühren eingespart.

Schnellere Verfahren und vereinfachte Prozesse

Der elektronische Rechtsverkehr beschleunigt die Durchführung von Zivil-, Straf- und Verwaltungsverfahren. Namentlich wird die Kommunikation zwischen Parteien und Behörden sowie der Zugriff auf die Verfahrensakten für alle Verfahrensbeteiligten erleichtert. Mit der Nutzung der elektronischen Identität (E-ID) wird zudem der sichere und auch streng geregelte Zugang zur Plattform gewährleistet.

Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ)

Mit dem Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) werden die rechtlichen Voraussetzungen für eine zentrale Plattform geschaffen, über welche Behörden, Gerichte, Anwaltschaft, Verfahrensparteien sowie weitere Verfahrensbeteiligte Dokumente zustellen und empfangen können. Die Plattform wird von Bund und Kantonen gemeinsam betrieben. Für den Betrieb wird eine Körperschaft gegründet, an welcher Bund und Kantone beteiligt sind. Diese Körperschaft wird für den eigentlichen Aufbau, Betrieb, Weiterentwicklung und Sicherheit der Plattform zuständig sein.

Das BEKJ regelt die grundlegende Organisation der Körperschaft und die notwendigen Funktionalitäten der Plattform, um den Austausch von Dokumenten und die elektronische Akteneinsicht zu ermöglichen. Dies betrifft insbesondere die Anforderungen an die Authentifizierung der Benutzerinnen und Benutzer, die Art und Weise der Nutzung der Plattform durch die Benutzerinnen und Benutzer, die Zustellung und der Empfang von Dokumenten und welche Quittungen dabei erstellt werden. Die Pflicht zur Benutzung der Plattform, also das eigentliche Obligatorium, wird in den jeweiligen Prozessgesetzen geregelt. Dafür wird in den meisten Prozessgesetzen jeweils ein zentraler Block an Bestimmungen eingefügt, welcher beinhaltet, dass das BEKJ als anwendbar erklärt wird sowie Gerichte, Behörden und die professionellen Benutzerinnen und Benutzer nur noch elektronisch miteinander kommunizieren dürfen. Zudem wird den Gerichten und Behörden eine Pflicht zur elektronischen Aktenführung auferlegt. Heute bestehende Unterschriftserfordernisse werden bei der Nutzung der elektronischen Kommunikation aufgehoben. An Stelle der Unterschriften tritt die Authentifizierung an der Plattform sowie das automatisierte Anbringung von geregelten elektronischen Siegeln.

Struktur des BEKJ

Der erste Abschnitt des Gesetzesentwurfs enthält die allgemeinen Bestimmungen. Im zweiten Abschnitt wird die zu gründende Körperschaft geregelt, welche die Plattform aufbaut, betreibt und weiterentwickelt. Der dritte Abschnitt bestimmt die Funktionen, die die Plattform bereitstellen muss. Der vierte Abschnitt regelt die Fristwahrung, sollte die Plattform nicht erreichbar Erläuternder Bericht zum «Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz» 7/51 sein. Der fünfte Abschnitt beinhaltet die Anforderungen an den Datenschutz und die Informationssicherheit. Die Handhabung von physischen Dokumenten wird im sechsten Abschnitt geregelt. Der siebte Abschnitt regelt die Haftung. Im achten Abschnitt werden die Gebühren und die Kostenteilung zwischen Bund und Kantonen geregelt. Das Gesetz endet mit Schlussbestimmungen im neunten Abschnitt. In einem Anhang wird die Änderung anderer Erlasse geregelt

 

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