Bundesrat gibt Revisionspaket zum Strassenverkehrsrecht in die Vernehmlassung

An seiner Sitzung vom 12. August 2020 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG), des Ordnungsbussengesetzes (OBG) sowie von acht Verordnungen eröffnet. Der Bundesrat will damit die Verkehrssicherheit für E-Bike-Fahrende erhöhen, umweltfreundliche Technologien fördern und die rechtlichen Grundlagen für das automatisierte Fahren verbessern. Zudem werden Aufträge des Parlaments umgesetzt. Dazu gehört die vom Parlament geforderte Anpassung der «Via sicura»-Massnahmen.

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 12. August 2020 ein Revisionspaket zum Strassenverkehrsrecht in die Vernehmlassung geschickt. Es umfasst eine Anpassung des Strassenverkehrs- und des Ordnungsbussengesetzes sowie die Revision von acht Verordnungen.

Verkehrssicherheit für E-Bikes

In den letzten Jahren hat sich die Zahl der schweren E-Bike-Unfälle fast verfünffacht. Um diesen Trend zu brechen und Unfälle zu vermeiden, will der Bundesrat mit rasch realisierbaren Massnahmen auf Verordnungsebene die Sicherheit erhöhen: Alle E-Bike-Fahrenden sollen dazu verpflichtet werden, einen Helm zu tragen und das Licht auch tagsüber einzuschalten. Schnelle E-Bikes sollen darüber hinaus künftig mit einem Tacho ausgerüstet sein, damit sie die Geschwindigkeitsvorgaben genau einhalten können.

Förderung umweltfreundlicher Technologien

Neue Technologien ermöglichen es, den Treibstoffverbrauch und die Treibhausgasemissionen im Strassengüterverkehr zu senken. Dazu zählen Bauweisen zur Verbesserung der Aerodynamik der Fahrzeuge und der Einsatz von elektrischen Antrieben mit Batterien oder auf Wasserstoffbasis. Das geltende Recht behindert jedoch solche Möglichkeiten, weil sich der Einsatz umweltfreundlicher Technologien negativ auf die Nutzlast oder das Ladevolumen der Fahrzeuge auswirkt. Der Bundesrat will darum, dass die Höchstlängen und die höchstzulässigen Gewichte von Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen um das erforderliche Mehrgewicht oder die erforderliche Zusatzlänge erhöht werden können. Die Ladekapazität der Fahrzeuge darf dabei nicht vergrössert werden.

Automatisiertes Fahren

Die Assistenzsysteme der Fahrzeuge werden laufend verbessert. Künftig wird es möglich sein, mit einem Auto zu fahren, ohne dass die Lenkenden das Fahrgeschehen permanent überwachen müssen. Um auf solche Entwicklungen rasch reagieren zu können, soll der Bundesrat im Strassenverkehrsgesetz (SVG) neu die Kompetenz erhalten, die konkreten Regelungen auf Verordnungsstufe zu erlassen. Zudem werden die Rahmenbedingungen festgelegt, die der Bundesrat in Ausübung seiner Kompetenz zu beachten hat. Mit der Revision wird zudem eine rechtliche Basis geschaffen, damit das Bundesamt für Strassen (ASTRA) Versuche mit vollautomatisierten Fahrzeugen auf öffentlichen Strassen bewilligen kann. Mit solchen Tests können wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.

Hierzu sollen folgende neue Gesetzesbestimmungen in das SVG eingefügt werden:

IIa. Titel: Automatisiertes Fahren

Art. 25a Fahrzeuge mit einem Automatisierungssystem

1 Fahrzeuge mit einem Automatisierungssystem sind Fahrzeuge, die in der Lage sind, die Fahraufgaben zumindest in bestimmten Situationen umfassend zu übernehmen.

2 Der Bundesrat regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Führer eines Fahrzeugs mit einem Automatisierungssystem von seinen Pflichten nach Artikel 31 Absatz 1 befreit wird.

3 Fahrzeuge mit einem Automatisierungssystem, die keinen Fahrzeugführer benötigen, dürfen nur auf bestimmten Strecken zugelassen werden. Der Bundesrat legt die Zulassungsvoraussetzungen fest.

4 Im Rahmen einer Regelung nach den Absätzen 2 und 3 ist sicherzustellen, dass die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird und dass die Automatisierungssysteme Daten, die nicht vom eigenen Fahrzeug erhoben werden, nur dann bearbeiten können, wenn deren Zuverlässigkeit und Integrität gewährleistet ist.

Art. 25b Fahrmodusspeicher

1 Fahrzeuge mit einem Automatisierungssystem müssen mit einem Fahrmodusspeicher ausgerüstet sein. Dieser muss mindestens aufzeichnen: a. den Wechsel der Wahrnehmung der Fahraufgaben zwischen dem Fahrzeugführer und dem Automatisierungssystem;

  1. die Übernahmeaufforderungen des Automatisierungssystems; und
  2. das Auftreten von technischen Störungen.

2 Die vom Fahrmodusspeicher aufgezeichneten Daten müssen dem Fahrzeughalter zugänglich sein und von diesem ausgelesen werden können.

3 Der Bundesrat regelt:

  1. die Aufzeichnung weiterer Daten, insbesondere der Zeit- und der Ortsdaten;
  2. die Aufbewahrung und die Vernichtung der Daten;
  3. den Zugang der Vollzugsbehörden und Dritter zu den Daten.

Art. 25c Datenschutz

Automatisierungssysteme und Fahrmodusspeicher müssen vor unbefugtem Zugriff geschützt sein. Der Datenschutz ist zu gewährleisten.

Art. 25d Versuche mit Fahrzeugen mit einem Automatisierungssystem

1 Das ASTRA kann befristete Versuche mit Fahrzeugen mit einem Automatisierungssystem bewilligen. Dabei kann es auch Versuche mit Fahrzeugen bewilligen, die keinen Fahrzeugführer benötigen, ohne dass dafür bestimmte Strecken festgelegt werden.

2 Im Rahmen der Bewilligung kann es vorsehen, dass von den geltenden Bestimmungen abgewichen wird. Die Verkehrssicherheit muss jederzeit gewährleistet sein.

3 Es kann den Entscheid über Versuche, die den regionalen Rahmen nicht übersteigen, im Einzelfall den Kantonen übertragen.

Anpassung von «Via sicura»

Der Bundesrat schlägt in Erfüllung eines Auftrags des Parlaments weiter vor, mit der Anpassung des SVG die im Rahmen von «Via sicura» eingeführten Rasermassnahmen verhältnismässiger auszugestalten und so ungewollte Härtefälle zu vermeiden. Die Gerichte sollen neu im Einzelfall die konkreten Umstände prüfen und frei entscheiden können, welches Strafmass dem jeweiligen Fall Rechnung trägt.

Art. 90 Abs. 3 und Abs. 4 SVG sollen hierbei wie folgt geändert werden:

Art. 90 Abs. 3 und 4

3 Mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer elementare Verkehrsregeln vorsätzlich in einem Ausmass verletzt, das ein hohes Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern bewirkt, namentlich durch waghalsiges Überholen, Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen oder besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

4 Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird um:

  1. mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
  2. mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
  3. mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
  4. mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.

Dauer der Vernehmlassung

Die Vernehmlassung zum Revisionspaket dauert bis am 12. Dezember 2020.

Hier geht es zu den Vernehmlassungsunterlagen.

 

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