Verwertung von Kryptobeständen erfordert Fachwissen

Im Urteil des Bundesgerichts 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 erklärt das Bundesgericht, dass die Verwertung von Kryptobeständen Fachwissen erfordert. Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Abteilung Schwerpunktkriminalität, Cybercrime und Besondere Untersuchungen, muss Vorkehren treffen, um bei der vorzeitigen Verwertung beschlagnahmter Kryptobestände ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Sofern das nötige Fachwissen dazu in der Behörde nicht vorhanden ist, muss sie eine Fachperson beiziehen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde eines Beschuldigten gut.

Sachverhalt

Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Abteilung Schwerpunktkriminalität, Cybercrime und Besondere Untersuchungen, führt eine Strafuntersuchung unter anderem wegen Geldwäscherei. Im Rahmen dieser Untersuchung beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft 2019 verschiedene Kryptobestände, die der Beschuldigte auf seinem Konto bei einem Unternehmen hat. Das Unternehmen wurde von der Staatsanwaltschaft angewiesen, die fraglichen Kryptobestände auf ihr Konto bei einer Firma für Handel mit virtuellen Zahlungsmitteln zu überweisen. Letztere erhielt den Auftrag, die Kryptobestände in Schweizer Franken zu konvertieren und der Staatsanwaltschaft zu überweisen. Die dagegen erhobene Beschwerde des Betroffenen ans Obergericht des Kantons Zürich blieb erfolglos.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Beschuldigten gut. In einem Strafverfahren können Gegenstände und Vermögenswerte vorsorglich beschlagnahmt werden, etwa um die Verfahrenskosten sicherzustellen. Werte mit einem Börsen- oder Marktpreis können dabei sofort verwertet werden. Das Bundesgericht kam zu folgendem Zwischenresultat: «Nachdem sowohl die Anwendbarkeit von Art. 266 Abs. 5 StPO als auch die grundsätzliche Zulässigkeit der vorzeitigen Verwertung der Kryptobestände und Beschlagnahme des Erlöses unbestritten sind, stellt sich vorliegend einzig die Frage, inwiefern die Art und Weise der vorzeitigen Verwertung durch die zuständigen Behörden zu bestimmen ist.» (E.4.4).

Im vorliegenden Fall macht der Betroffene geltend, dass durch die geplante sofortige und gesamthafte Verwertung der Kryptobestände ein Wertverfall drohe. Da auf seinem Konto verhältnismässig hohe Anteile am Marktvolumen verschiedener virtueller Zahlungsmittel lägen, käme ein sofortiger und gesamthafter Verkauf einer nahezu vollständigen Vernichtung dieser Werte gleich. Bei einer vorzeitigen Verwertung sind die Interessen der Beteiligten so gut als möglich zu wahren und ist ein möglichst günstiges Verwertungsergebnis zu erzielen. Die Verwertung ist der konkreten Situation und unter Umständen auch der Marktsituation anzupassen. Gerade wenn wie hier absehbar ist, dass die Art und Weise der Verwertung für das Ergebnis relevant sein könnte, hat die Staatsanwaltschaft Vorkehren zu treffen, damit ein Verlust möglichst ausgeschlossen ist. Die Verfügung der Staatsanwaltschaft lässt indessen offen, wie die vorzeitige Verwertung vorzunehmen ist. Auch das Obergericht konkretisierte diesen Punkt nicht. Eine sofortige und gesamthafte Verwertung könnte sich jedoch angesichts der hohen Kryptobestände des Betroffenen negativ auf den realisierbaren Erlös auswirken. Dies würde weder den Interessen des Staates noch denjenigen des Beschwerdeführers entsprechen.

Hier ist die Schlüsselstelle der Ausführungen des Bundesgerichts Urteil 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021: «Zusammenfassend ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft gehalten ist, bei der Anordnung einer vorzeitigen Verwertung im Sinne von Art. 266 Abs. 5 StPO sach- und fachgemäss sowie sorgfältig vorzugehen und gegebenenfalls – namentlich wenn das nötige Fachwissen in der Behörde nicht vorhanden ist – eine Fachperson beizuziehen […]. Rechnung zu tragen ist insbesondere den konkreten Gegebenheiten sowie der Beschaffenheit und den Besonderheiten der einzelnen zu verwertenden Vermögenswerte. Diese können es gebieten, namentlich hinsichtlich der Art und der Vorgehensweise bei der vorzeitigen Verwertung spezifische Anordnungen zu treffen. Der Schutz eines dahinter stehenden „Projekts“ steht dabei nicht im Vordergrund; Ziel ist es, die massgebenden Interessen bestmöglich zu wahren und ein möglichst gutes Verwertungsergebnis zu erreichen.» (E.4.4.2 a.E.).

Die Staatsanwaltschaft ist deshalb gemäss den Ausführungen des Bundesgerichts gehalten, bei der Verwertung sach- und fachgemäss sowie sorgfältig vorzugehen und gegebenenfalls – sofern das notwendige Fachwissen in der Behörde nicht vorhanden ist – eine Fachperson beizuziehen. Sie wird in diesem Sinne neu entscheiden müssen. Dazu führte das Bundesgericht im Urteil 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 aus: «Nach diesen Erwägungen verletzt der angefochtene Beschluss Bundesrecht, namentlich Art. 266 StPO. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen und der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 22. Dezember 2020 sowie die Verfügung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 1. September 2020 sind aufzuheben. Die Sache ist an die Staatsanwaltschaft zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen […] und an die Vorinstanz zur Neuverlegung der vorinstanzlichen Kosten zurückzuweisen.» (E.5).

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