Bundesgericht heisst Beschwerden gegen Tessiner Ladenöffnungsgesetz teilweise gut

Das Bundesgericht heisst zwei Beschwerden heisst in den Urteilen 2C_98/2020 und 2C_102/2020 vom 22. Dezember 2021 Beschwerden gegen das neue Gesetz des Kantons Tessin über die Ladenöffnungszeiten teilweise gut.

Als verfassungswidrig erweist sich zunächst die Regelung, mit der das Inkrafttreten des Gesetzes vom Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages abhängig gemacht wurde.

Eine integrale Aufhebung des Gesetzes wäre deswegen aber gemäss dem Bundesgericht nicht angemessen. Aufgehoben hat das Bundesgericht die Regelung zur Schaffung einer beratenden Kommission bei der Anwendung des Gesetzes.

Der Grosse Rat des Kantons Tessin verabschiedete 2015 das neue kantonale Gesetz über die Ladenöffnungszeiten. 2016 wurde es in einer Volksabstimmung angenommen. Sein Inkrafttreten wurde vom Abschluss eines allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrages im Verkaufssektor abhängig gemacht (Artikel 23 Absatz 1). Nachdem dieser 2019 zustande gekommen war, trat das Gesetz per 1. Januar 2020 in Kraft. Gegen das neue Gesetz erhoben die Gewerkschaft Unia, mehrere Privatpersonen und ein Tessiner Unternehmen Beschwerden ans Bundesgericht. Sie verlangten die Aufhebung des Gesetzes und damit zusammenhängender Erlasse, beziehungsweise die Aufhebung verschiedener einzelner Bestimmungen.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerden teilweise gut. Als verfassungswidrig erweist sich die Bestimmung von Artikel 23 Absatz 1 des Gesetzes, mit dem das Inkrafttreten vom Abschluss eines allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrages im Verkaufssektor abhängig gemacht wurde. Bei der fraglichen Regelung geht es um den Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz, der im Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) abschliessend geregelt wird. Insofern liegt ein Verstoss gegen den Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht vor.

Eine integrale Aufhebung des Tessiner Ladenöffnungszeitengesetzes allein aus diesem Grund ist indessen nicht angemessen, da einzig sein Inkrafttreten vom Abschluss des Gesamtarbeitsvertrages abhängig gemacht wurde. Aufgehoben hat das Bundesgericht die Bestimmung, welche die Schaffung einer beratenden Kommission – gebildet aus Vertretern der Arbeitgeber und von Gewerkschaften – bei der Anwendung des Gesetzes vorsieht (Artikel 4 Absätze 2 und 3). Da auch diese Regelung den Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz zum Ziel hat, liegt ebenfalls eine Verletzung des Vorrangs von Bundesrecht vor. Im Übrigen erweisen sich die Beschwerden als unbegründet (u.a. betreffend die Artikel 8, 9, 10, 14 und 16).

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