Behördliche Betriebsschliessungen wegen Coronavirus: Keine Pflicht der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung

Die Arbeitgeber trifft bei der behördlichen Betriebsschliessung zur Bekämpfung des Coronavirus keine Pflicht zur Lohnfortzahlung an die Angestellten, soweit der Lohnausfall nicht durch eine Kurzarbeitsentschädigung gedeckt ist. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde einer Privatschule gegen ein Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen gut. Das Urteil des Bundesgerichts 4A_53/2023 vom 30. August 2023 wurde an einer öffentlichen Urteilsberatung beschlossen. Die schriftliche Begründung folgt noch und wird ergänzt werden.

Sachverhalt

Drei Lehrkräfte einer Privatschule im Kanton St. Gallen hatten im Januar 2020 ihre Arbeitsverhältnisse per Ende August 2020 gekündigt. Mitte April teilte die Arbeitgeberin ihnen mit, dass der Schulbetrieb wegen des Coronavirus auf behördliche Anordnung eingestellt werde. Der Lohn werde im Umfang der entfallenen Arbeit gekürzt. Da die Betroffenen ihren Arbeitsvertrag gekündigt hätten, sei die Beantragung von Kurzarbeit nicht möglich. In der Folge richtete die Arbeitgeberin ihnen gekürzte Löhne aus.

Instanzenzug

Das Kreisgericht St. Gallen hiess die dagegen erhobene Klage der Angestellten 2021 gut und verpflichtete die Arbeitgeberin zu Lohnnachzahlungen. Das Kantonsgericht bestätigte den Entscheid. Es kam zum Schluss, dass die Schliessung zum Risiko des Betriebes gehöre. Daher bestehe ein Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 4A_53/2023 vom 30. August 2023

Das Bundesgericht heisst im Urteil 4A_53/2023 vom 30. August 2023 die Beschwerde der Arbeitgeberin an seiner öffentlichen Beratung vom 30. August 2023 gut und weist die Sache zur Neubeurteilung zurück ans Kantonsgericht. Arbeitgeber trifft bei einer behördlich angeordneten Betriebsschliessung zur Bekämpfung des Coronavirus keine Pflicht zur Lohnfortzahlung, falls die Kurzarbeitsentschädigung den Lohnausfall nicht deckt. Im konkreten Fall muss nun das Kantonsgericht ergänzend abklären, ob während der Schliessung ein 100%-Online-Unterricht möglich gewesen wäre und auf diese Weise Minusstunden der betroffenen Angestellten hätten vermieden werden können. Die Rechtswissenschaft ist sich einig darüber, dass eine behördlich angeordnete Schliessung des Betriebs nicht der Risikosphäre der Angestellten zuzurechnen ist. Allerdings wollte der Gesetzgeber offensichtlich auch nicht jedes Risiko, das nicht die Arbeitnehmer betrifft, ohne weiteres den Arbeitgebern aufbürden. Ob ein Umstand in das Betriebsrisiko des Arbeitgebers fällt, muss im Einzelfall bestimmt werden. Zur Risikosphäre des Arbeitgebers gehören persönliche Gründe auf seiner Seite. Nicht dazu zählen dagegen objektive Gründe, die alle in gleicher Weise treffen, beziehungsweise nicht nur spezifisch den Arbeitgeber. Als solchen objektiven Grund hat das Bundesgericht in der Vergangenheit etwa Kriegswirren oder kriegswirtschaftliche Massnahmen erachtet. Behördliche Betriebsschliessungen zur Bekämpfung des Coronavirus sind ebenfalls als objektiver Grund zu werten, der keine Pflicht des Arbeitgebers zur Lohnfortzahlung nach sich zieht. Die Schliessungen betrafen alle; für Arbeitgeber hätten unzumutbare rechtliche Risiken bestanden, wenn sie sich einer Schliessung widersetzt hätten. Es lag am Bund, die finanziellen Nachteile von Arbeitnehmenden infolge der angeordneten Betriebsschliessungen auszugleichen. Für betriebsseitige Arbeitsausfälle stand die Kurzarbeitsentschädigung zur Verfügung, die 80 % des Monatssalärs abgedeckt hat. Im konkreten Fall entfiel die Möglichkeit einer Kurzarbeitsentschädigung, da die drei betroffenen Angestellten bereits gekündet hatten.

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