Beim Bundesgericht gingen nahezu gleich viele neue Beschwerden ein wie im Vorjahr, als ein absoluter Höchststand erreicht wurde. Die Zahl der erledigten Verfahren stieg auf einen Rekordwert. Das Geschäftsaufkommen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts ist hoch geblieben, bei der Beschwerdekammer leicht zurückgegangen. Für die Aufnahme der Tätigkeit der neuen Berufungskammer auf Anfang 2019 wurden verschiedene Arbeiten ausgeführt. Die Zahl der neu eingereichten Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht bewegte sich auf ähnlich hohem Niveau wie 2017. Die Erledigungszahl wurde deutlich gesteigert, womit das Gericht die Anzahl hängiger Verfahren weiter abbauen konnte. Beim Bundespatentgericht ist die Geschäftslast im vergangenen Jahr leicht gesunken. Die Einnahmen aus Gerichtsgebühren stiegen auf einen Höchststand, womit sich auch der Eigendeckungsgrad verbessert hat.
Im Berichtsjahr gingen beim Bundesgericht 7795 neue Beschwerden ein (Vorjahr 8033). Erledigt hat das Bundesgericht im gleichen Zeitraum 8040 Fälle (Vorjahr 7782), was einen neuen Rekordwert bedeutet. 14,5% der Beschwerden wurden gutgeheissen. In 48 Verfahren fand eine öffentliche Urteilsberatung statt (Vorjahr 70). 2761 Fälle (Vorjahr 3006) wurden auf das Folgejahr übertragen. Die durchschnittliche Prozessdauer betrug 145 Tage (Vorjahr 144).
Angesichts der weiterhin hohen Eingangszahl kann nach wie vor nicht davon gesprochen werden, dass die 2007 mit der Einführung des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) angestrebte Entlastung erreicht worden wäre. Im Berichtsjahr erschien die bundesrätliche Botschaft zur Änderung des BGG. Der Bundesrat hat entgegen der Auffassung des Bundesgerichts entschieden, an der subsidiären Verfassungsbeschwerde festzuhalten. Die Revision des BGG bleibt für das Bundesgericht angesichts seiner Geschäftszahlen eine rechtsstaatliche Notwendigkeit. Sollte es allerdings nicht gelingen, die subsidiäre Verfassungsbeschwerde aus der Vorlage zu entfernen, so lehnt das Bundesgericht die Vorlage insgesamt ab.
Das Berichtsjahr brachte die Einigung über die Leitungsstrukturen für das landesweite Projekt Justitia 4.0. Das Projekt bezweckt für die Justiz in der Schweiz die Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers sowie des obligatorischen elektronischen Rechtsverkehrs für professionelle Anwender. Projektpartner sind das Bundesgericht, kantonale Gerichte, der Schweizerische Anwaltsverband, die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren, kantonale Staatsanwaltschaften, die Bundesanwaltschaft sowie das Bundesamt für Justiz. Mittlerweile haben 14 Kantone (Stand Mitte Februar 2019; 12 Kantone Ende 2018), die mehr als 80% der Bevölkerung aus- machen, den Zusammenarbeitsvertrag mit dem Bundesgericht unterzeichnet.
Die Plenarversammlung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter verabschiedete 2018 die schriftliche Form ihrer schon bisher befolgten Gepflogenheiten in der Ausübung des Amtes, der Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit und zum Verhalten in der Öffentlichkeit. Damit wird auch einer Forderung der GRECO (Groupe d’États contre la corruption) von 2016 Rechnung getragen.
Das Bundesgericht führte bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erstmals eine Zufriedenheitsumfrage über die Leistungen des Bundesgerichts durch. Die Umfrage ergab einen generellen Zufriedenheitsgrad von 82%, womit das Ziel leicht übertroffen wurde.
Am 9. Februar 2018 lösten sich aus einer Wand im Bundesgerichtsgebäude in Lausanne zwei Kalksteinplatten von je 80 kg und zerschellten am Boden. Zur Wahrung der Sicherheit und für die nötigen Abklärungen musste im Innern des Gebäudes der gesamte Öffentlichkeitsbereich eingerüstet werden. Die Nutzung des Gebäudes wird dadurch wesentlich beeinträchtigt. Die technischen Abklärungen des Bundesamtes für Bauten und Logistik zur Schadensbehebung konnten bis Ende 2018 nicht abgeschlossen werden. Die Baugerüste werden gemäss heutigem Wissensstand noch bis mindestens Ende 2019 stehen bleiben.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fällte im Berichtsjahr 265 Entscheidungen betreffend die Schweiz. Es ergingen sieben Urteile, wobei der EGMR in vier Fällen eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) durch die Schweiz feststellte.
Quelle: MM vom 18.03.2019