Erhebung von DNA-Profil und Fingerabdrücken an Klima Aktion 2019 Basel unverhältnismässig

Das DNA-Profil und die Fingerabdrücke von Teilnehmern der Klima Aktion 2019 müssen gemäss den Urteilen des Bundesgerichts vom 22. April 2021 (1B_285/2020, 1B_286/2020, 1B_287/2020, 1B_293/2020, 1B_294/2020) gelöscht werden. Das Bundesgericht ordnet die Löschung des DNA-Profils und der Fingerabdrücke eines Klima-Aktivisten an, der 2019 in Basel an der Blockade einer Bank teilgenommen hat. Gleich ist zu verfahren mit den Fingerabdrücken von zwei weiteren Personen. Die von der Staatsanwaltschaft ergriffenen Massnahmen erweisen sich angesichts der gesamten Umständen gemäss dem Bundesgericht als unverhältnismässig.

Vorgeschichte

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt gegen die drei Personen eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts auf Nötigung, Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Diensterschwerung. Sie hatten am 8. Juli 2019 im Rahmen der „Klima-Aktionstage“ an der Blockade eines Bankgebäudes in Basel teilgenommen. Die Betroffenen und weitere Teilnehmer sollen rund um die Liegenschaft mit Kohlestücken Parolen angebracht, Überwachungskameras abgeklebt und die Eingänge blockiert haben. Nachdem sie der Aufforderung der Polizei zum Verlassen der Örtlichkeiten nicht nachgekommen waren, wurden sie vorläufig festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ordnete die Abnahme der Fingerabdrücke und von DNA-Proben an, sowie die Erstellung von DNA-Profilen.

Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt

In Bezug auf eine Person bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt alle Massnahmen, in den anderen zwei Fällen wies es die Staatsanwaltschaft an, die DNA-Profile zu löschen.

Urteile 1B_285/2020, 1B_286/2020, 1B_287/2020, 1B_293/2020, 1B_294/2020 des Bundesgerichts vom 22. April 2021

Das Bundesgericht heisst nun die Beschwerden der drei Personen gut und ordnet die Löschung aller Fingerabdrücke sowie des einen DNA-Profils an. Abgewiesen hat es die Beschwerden der Staatsanwaltschaft.

Zur Abklärung der hier konkret untersuchten Delikte sind die DNA-Profile und die Fingerabdrücke gemäss dem Bundesgericht nicht erforderlich: weder ist bestritten, dass die Betroffenen an der Aktion teilgenommen haben, noch wurden auf beschädigten Gegenständen DNA-Proben oder Fingerabdrücke sichergestellt.

Was mögliche andere Delikte betrifft – begangene oder künftige –, müssten sowohl für ein DNA-Profil als auch für die Fingerabdrücke erhebliche und konkrete Anhaltspunkte für weitere Delikte einer gewissen Schwere vorliegen. Das trifft jedoch nicht zu.

Fraglich ist bereits, ob die konkret vorgeworfenen Delikte die erforderliche Schwere aufweisen. Sodann bestehen keine Anhaltspunkte für künftige oder bereits begangene Delikte der erforderlichen Schwere.

Unabhängig davon erweisen sich die strittigen Massnahmen bei einer Prüfung der entgegenstehenden privaten und öffentlichen Interessen als unverhältnismässig. Die fragliche Kundgebung verlief friedlich und steht unter dem Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Eine DNA-Abnahme und – Profilerstellung sowie die erkennungsdienstliche Erfassung können zu einem Abschreckungseffekt führen. Eine systematische Registrierung politisch aktiver Personen, die von ihren Grundrechten Gebrauch machen, steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Zwecken, die mit der Erstellung eines DNA-Profils und einer erkennungsdienstlichen Erfassung verfolgt werden. In einer Gesamtbetrachtung erweisen sich die umstrittenen Massnahmen damit unter den konkreten Umständen als unverhältnismässig.

Diese Schlussfolgerung bedeutet entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft keinen Freipass für Kundgebungen, die mit rechtswidrigen Handlungen verbunden sind, zumal sich die hier fragliche Protestaktion erheblich von Demonstrationen mit gewalttätigen Ausschreitungen unterscheidet.

Hier ist die Schlüsselstelle des Bundesgerichts: «Nach dem Gesagten ist das private Interesse des Beschwerdeführers an der Wahrung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts im vorliegenden Fall höher zu gewichten. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Aufklärung und Verhinderung von Straftaten, wie den vorliegenden, welche die öffentliche Sicherheit, wenn überhaupt, nur in geringem Ausmass beeinträchtigen, vermag den weitreichenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des friedlich demonstrierenden Beschwerdeführers nicht zu rechtfertigen. Die umstrittenen Massnahmen erweisen sich in der Gesamtbetrachtung der konkreten Umstände als unverhältnismässig.  

Diese Schlussfolgerung führt entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft denn auch nicht zu „einem Freipass für Kundgebungen, die mit rechtswidrigen Handlungen verbunden sind“. Wie erwähnt, war die vorliegende Protestaktion im Rahmen der Klima-Aktionstage friedlich. Insoweit steht die Demonstrationsfreiheit einer DNA-Profilierung oder erkennungsdienstlichen Behandlung entgegen. Die vorliegende Kundgebung unterscheidet sich erheblich von Demonstrationen, bei denen es zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt. Damit erweist sich die Befürchtung der Staatsanwaltschaft als unbegründet.» (E.4.5).

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