Restfinanzierung durch Wohnsitzkanton bei ausserkantonalem Pflegeheimaufenthalt

Der Wohnsitzkanton ist zuständig zur Festsetzung und Übernahme der Restfinanzierung der Pflegekosten beim Aufenthalt einer versicherten Person in einem ausserkantonalen Pflegeheim. Das Bundesgericht bestätigt im Urteil 9C_460/2021 vom 1. April 2022 einen Entscheid des Kantonsgerichts Genf. Zur Festlegung der Höhe der Restfinanzierung wendet der Wohnsitzkanton grundsätzlich seine eigenen Regeln an. Er legt die von ihm zu tragende Restfinanzierung nach den Regeln des Sitzkantons des Pflegeheims fest, wenn bei der Aufnahme der versicherten Person im ausserkantonalen Pflegeheim kein Pflegeplatz in der Nähe ihres Wohnsitzes zur Verfügung gestellt werden kann.

Sachverhalt

Eine betagte Person mit Wohnsitz im Kanton Genf trat am 10. Juli 2019 in ein Pflegeheim im Kanton Zürich ein. In der Folge ersuchte sie das zuständige Departement des Kantons Genf um Übernahme der Restfinanzierung der Pflegekosten. Dies wurde ihr verweigert mit der Begründung, dass der Kanton Genf die Restfinanzierung der Pflegekosten in einem ausserkantonalen Heim nur garantiere, wenn sich dieses in geografischer Nähe befinde; dieser Perimeter umfasse ausschliesslich die Westschweizer Kantone mit Ausnahme des Kantons Wallis.

Vorinstanz

Die Sozialversicherungsabteilung des Kantonsgerichts des Kantons Genf hiess die dagegen erhobene Beschwerde gut und anerkannte die Pflicht des Kantons Genf zur Übernahme der Restfinanzierung der Pflegekosten.

Ausführungen im Urteil 9C_460/2021 vom 1. April 2022

Der Kanton Genf gelangte ans Bundesgericht, das die Beschwerde abweist und den Entscheid des Kantonsgerichts bestätigt.

Das Verfahren betrifft die Pflicht des Kantons Genf zur Übernahme der Restfinanzierung der Pflegekosten im Sinne von Artikel 25a Absatz 5 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG, in der seit dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung).

Aus den Gesetzgebungsarbeiten ergibt sich gemäss dem Bundesgericht, dass die Regelungen zur Bestimmung des Betrags der Restfinanzierung beim Aufenthalt in einem Pflegeheim ausserhalb des Wohnsitzkantons zu Diskussionen Anlass gaben. Nie umstritten war in den eidgenössischen Räten im Gegensatz dazu die Zuständigkeit des Wohnsitzkantons zur Festlegung und zur Übernahme der Restfinanzierungskosten. Nach einem Differenzbereinigungsverfahren entschied der Gesetzgeber, dass bei einem Aufenthalt in einem Pflegeheim ausserhalb des Wohnsitzkantons dieser grundsätzlich seine eigenen Regeln zur Bestimmung der Höhe der Restfinanzierung anzuwenden habe. Demgegenüber übernehme der Wohnsitzkanton die Restfinanzierung nach den Regeln des Standortkantons des Pflegeheims, wenn der versicherten Person bei der Aufnahme im ausserkantonalen Pflegeheim kein Platz in einer Pflegeeinrichtung nahe ihres Wohnsitzes angeboten werden könne. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass im Falle eines Aufenthalts in einem ausserkantonalen Pflegeheim der Wohnsitzkanton nicht zur Übernahme der Restfinanzierung der Pflegekosten verpflichtet wäre.

Wie das Kantonsgericht zu Recht festgehalten hat, ergibt sich eine solche Interpretation weder aus dem Wortlaut von Artikel 25a Absatz 5 KVG noch aus dessen Zweck. Mit der Bestimmung soll vielmehr sichergestellt werden, dass die Restkosten der Pflege – also die Gesamtheit der nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und von der versicherten Person selber getragenen Kosten – durch die öffentliche Hand übernommen werden (vom Kanton – oder falls von diesem so festgelegt – auch von den Gemeinden).

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