Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Teilrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)

Der Bundesrat hat am 21. Oktober 2020 die Botschaft für eine Teilrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) verabschiedet. Das Gesetz regelt die Aufsicht über Versicherungsunternehmen sowie Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler. Es schützt insbesondere die Versicherten vor den Insolvenzrisiken der Versicherungsunternehmen und vor Missbräuchen. In der Vernehmlassung stiess die Vorlage auf insgesamt positive Resonanz.

Die Teilrevision des VAG nimmt Entwicklungen im Versicherungsmarkt auf und setzt Vorgaben des Parlaments aus der Beratung des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) um. Die Vorlage hat zudem zum Ziel, durch gezielte Anpassungen den Versichertenschutz im Einklang mit internationalen Entwicklungen zu stärken. Insgesamt soll ein differenzierter Regulierungs‑ und Aufsichtsrahmen geschaffen werden, der gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizerischen Versicherungssektors stärkt und den Kundenschutz verbessert. Die Teilrevision umfasst die folgenden Themen:

Sanierungsrecht

Das geltende Versicherungsrecht zwingt die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), den Konkurs anzuordnen, sobald ein Versicherungsunternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Aus Sicht der Versicherten wäre eine Sanierung hingegen oft besser, da sie in der Regel ein Interesse an der Weiterführung ihrer Versicherungsverträge haben. Das vorgeschlagene Sanierungsrecht schliesst diese Lücke und stärkt damit den Kundenschutz.

Kundenschutzbasiertes Regulierungs- und Aufsichtskonzept

Die Vorlage schlägt vor, eine Kundenkategorisierung einzuführen. Versicherungsunternehmen sollen von Aufsichts-erleichterungen profitieren können, wenn sie ausschliesslich professionelle Kunden betreuen (zum Beispiel Grossunternehmen ohne besonderes Schutzbedürfnis). Weiter können kleine Versicherungsunternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen unter Wahrung des Versichertenschutzes ganz oder teilweise von der Aufsicht befreit werden.

Versicherungsvermittlung

Das Vermittlerrecht soll modernisiert und der Kundenschutz insbesondere durch die Einführung einer generellen Ombudspflicht gestärkt werden. Weiter sollen neu besondere Vorschriften zur Vermeidung von Interessenskonflikten und für ungebundene Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler zur Offenlegung der Entschädigung durch Versicherungsunternehmen oder Dritte gelten. Für den Vertrieb bestimmter Versicherungsprodukte mit Anlagecharakter sollen – wie bereits bei Finanzinstrumenten nach FIDLEG – besondere Verhaltens‑ und Informationspflichten eingeführt werden.

Mit der Vorlage sollen ferner weitere Anpassungen am VAG vorgenommen werden, wie zum Beispiel die Entschlackung der Strafbestimmungen, die Stärkung der Gruppenaufsicht oder die formal bessere Verankerung des Schweizer Solvenztests. Auch soll die Ausnahmeregelung, dass die FINMA Versicherungsunternehmen von der internen Revisionspflicht befreien kann, aufgehoben werden.

Ausführungen aus der Botschaft

Das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) regelt seit 2006 die Aufsicht des Bundes über Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler. Bis heute wurden punktuell Anpassungen im VAG vorgenommen. Mit der hier vorgelegten Vorlage soll das VAG nun in ausgewählten Themen an die veränderten Gegebenheiten und an die Entwicklungen in den letzten Jahren angepasst werden. Ausgangslage Seit der Einführung des VAG hat sich in einigen Bereichen des Gesetzes Änderungsbedarf manifestiert. So gibt es im Gegensatz zu den Banken für Versicherungsunternehmen bis heute kein eigenständiges Sanierungsrecht. Weiter hat sich in der Praxis der Bedarf gezeigt, bei Versicherungsunternehmen, die nur professionelle Kunden haben, nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Erleichterungen von der Aufsicht zu gewähren. Im Zuge der Gesetzesarbeiten zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) hat das Parlament schliesslich entschieden, dass die Verhaltenspflichten des FIDLEG nicht direkt auf Versicherungsunternehmen Anwendung finden, sondern ins VAG aufgenommen werden sollen.

Das VAG soll mithin neu ein Sanierungsrecht erhalten, damit insolvente Versicherungsunternehmen gegebenenfalls saniert werden können und nicht direkt liquidiert werden müssen, falls damit den Interessen der Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer im Krisenfall Rechnung getragen werden kann. Als Zweites wird – wohl zumindest im europäischen Raum erstmalig – eine Kundenkategorisierung im Versicherungsaufsichtsrecht eingeführt, die es den Versicherungsunternehmen ermöglichen soll, insbesondere dann von Aufsichtserleichterungen zu profitieren, wenn professionelle Kunden, die keines besonderen Schutzes bedürfen, ihre alleinigen Vertragspartner sind. Unternehmen, die unter Wahrung des Versichertenschutzes über besondere innovative und zukunftsfähige Geschäftsmodelle verfügen, sollen ganz oder teilweise von der Aufsicht befreit werden können. Dem Auftrag des Parlaments folgend, werden als Drittes analog zum FIDLEG Verhaltenspflichten für Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler beim Vertrieb von Versicherungsprodukten, die Anlagecharakter haben, aufgenommen. Für solche Produkte soll künftig auch ein Basisinformationsblatt erforderlich sein. Daneben werden weniger weitgehende Anpassungen am Gesetz vorgenommen, die sich bei den Arbeiten als sachgerecht erwiesen haben. Formal wird dem VAG durch die Einführung von Abschnittstiteln eine übersichtlichere Struktur gegeben.

Kommentare (0)

Wir verwenden Cookies, um unsere Website und Ihr Navigationserlebnis zu verbessern. Wenn Sie Ihren Besuch auf der Website fortsetzen, stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie hier.

Akzeptieren