Sachverhalt
Das Bundesgericht setzte sich kürzlich mit einem Fall auseinander, bei welchem ein Anwalt in einem Gerichtsverfahren Stundungsvereinbarungen als Beweismittel eingereicht haben soll. Aufgrund dessen eröffnete die Anwaltsaufsichtsbehörde des Kantons Bern ein Disziplinarverfahren. Der betroffene Anwalt erhob Beschwerde und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, was die Vorinstanz verweigerte. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten rügte der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK.
Ausführungen des Bundesgerichts
Um sich auf Art. 6 Ziff.1 EMRK stützen zu können ist eine zivilrechtliche Streitigkeit notwendig, wobei der Begriff der «civil rights» weiter als der in der Schweizerischen Rechtsordnung verwendete Zivilrechtsbegriff geht. Dazu gehören auch Verwaltungsakte, was vorliegend geschehen ist. So äussert sich das Bundesgericht: «Zivilrechtlichen Charakter können daher auch solche Entscheidungen haben, mit denen einer Person die Erlaubnis zur Ausübung eines Berufs verweigert oder entzogen wird. Darunter fallen der Widerruf oder der disziplinarische Entzug einer Berufsausübungsbewilligung (BGE 131 I 467 E. 2.5 S. 469 f.; 126 I 228 E. 2a/aa S. 230; 124 I 322 E. 4b S. 324).» Ob die Berufsausübungsbewilligung tatsächlich entzogen wurde oder nicht ist dabei zweitrangig, wie der EGMR bereits in einem Präzedenzfall festgehalten hat.
Vorliegend hat die Anwaltsaufsichtsbehörde eine Verwarnung ausgesprochen, was nach Art. 17 Abs. 1 BGFZA rechtmässig ist. Der Beschwerdeführer rügt die Nichtdurchfürung einer öffentlichen Verhandlung. Das Verwaltungsgericht hat dies folgendermassen begründet: «Aufgrund des im kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz statuierten Verschlechterungsverbots sei die Gefahr für den Beschwerdeführer, mit einem Berufsausübungsverbot belegt zu werden, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren definitiv gebannt gewesen. Deshalb sei Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht anwendbar und habe der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung.»
Das Bundesgericht erwägt hierbei, dass die Vorinstanz das Rechtsmittelverfahren isoliert betrachtet und es nicht im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Verfahren (Anwaltsaufsichtsbehörde) betrachtet hat. Da das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer die Wahrnehmung zivilrechtlicher Ansprüche im Sinne der «civil rights» nach Art. 6 Ziff.1 EMRK darstellt, stehen im die Verfahrensgarantien zu. Die erste Instanz war eine Aufsichtsbehörde, somit kein Gericht. Hiermit wurden diese Verfahrensgarantien nicht eingehalten.
Funddamentales Prinzip des Anspruchs auf eine öffentliche Gerichtsverhandlung
Das Bundesgericht erinnerte an das fundamentale Prinzip, wonach Art. 6 Ziff. 1 EMRK eine öffentliche Gerichtsverhandlung garantiert. Dazu das Bundesgericht: «Die in Art. 6 Ziff. 1 EMRK garantierte öffentliche Gerichtsverhandlung stellt ein fundamentales Prinzip dar, das nicht nur für den Einzelnen wichtig ist, sondern ebenso sehr als Voraussetzung für das Vertrauen in das Funktionieren der Justiz erscheint. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte müssen in zivilrechtlichen Streitigkeiten die Parteien zumindest einmal im ganzen Verfahren Gelegenheit haben, ihre Argumente mündlich in einer öffentlichen Sitzung einem unabhängigen Gericht vorzutragen, soweit sie nicht ausdrücklich oder stillschweigend auf die Durchführung eines öffentlichen Verfahrens verzichtet haben (BGE 124 I 322 E. 4a S. 324; 121 I 30 E. 5d-f S. 35 ff.). Entscheidet in erster Instanz kein Gericht, hat das Rechtsmittelverfahren den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu genügen (BGE 126 I 228 E. 3a S. 234)“. (E.2.3.1.)
Sieg für den Beschwerdeführer und Anwalt vor Bundesgericht
Mit den genannten Ausführungen hat das Bundesgericht die Beschwerde vollumfänglich gutgeheissen und das Urteil an die Vorinstanz für einen Neuentscheid zurückgewiesen.