Verbilligung der Krankenkassenprämien: Urteil des Bundesgerichts vom 22. Januar 2019 (8C_228/2018)

Die Einkommensgrenze zur Verbilligung der Krankenkassenprämien von Kindern und jungen Erwachsenen wurde im Kanton Luzern für das Jahr 2017 mit 54’000 Franken zu tief angesetzt, wie das Bundesgericht heute zum Urteil vom 22. Januar 2019 (8C_228/2018) mitteilt.

Es ist mit Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar, wenn nur gerade der unterste Bereich der „mittleren Einkommen“ in den Genuss einer Prämienverbilligung kommt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde mehrerer Privatpersonen gut.

Gemäss dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) gewähren die Kantone Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Verbilligungen für Krankenkassenprämien. Für untere und mittlere Einkommen verbilligen die Kantone die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50 Prozent (gemäss der bis Ende 2018 geltenden Fassung von Artikel 65 Absatz 1bis KVG).

Der Regierungsrat des Kantons Luzern hatte für das Jahr 2017 die massgebende Einkommensgrenze für die hälftige Verbilligung der Krankenkassenprämien für Kinder und junge Erwachsene rückwirkend auf 54’000 Franken festgelegt (Nettoeinkommen gemäss Steuererklärung mit bestimmten Aufrechnungen und Abzügen). Das Luzerner Kantonsgericht wies einen von mehreren Privatpersonen eingereichten Antrag auf Prüfung der fraglichen Verordnungsregelung ab.

Das Bundesgericht heisst ihre Beschwerde gut und hebt die entsprechenden Bestimmungen der Prämienverbilligungsverordnung des Kantons Luzern für das Jahr 2017 auf. Es kommt zum Schluss, dass die Einkommensgrenze von 54’000 Franken für einen Anspruch auf Verbilligung der Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen zu tief angesetzt ist und vor Bundesrecht nicht standhält. Zwar geniessen die Kantone eine erhebliche Entscheidungsfreiheit bei der Definition des im KVG verwendeten Begriffs der „unteren und mittleren Einkommen“, für welche nach Bundesrecht die Prämien verbilligt werden sollen. Die Autonomie der Kantone wird allerdings dadurch beschränkt, dass ihre Ausführungsbestimmungen zur Prämienverbilligung nicht gegen Sinn und Geist der Bundesgesetzgebung verstossen und deren Zweck nicht beeinträchtigen dürfen. Wie das Kantonsgericht in seinem Entscheid gestützt auf statistische Werte festgestellt hat, betrug das mittlere Reineinkommen von verheirateten Paaren mit Kindern im Kanton Luzern im Jahr 2015 rund 86’800 Franken. Die obere Grenze der „mittleren Einkommen“ lag bei rund 130’300 Franken, die untere Grenze bei rund 60’800 Franken. Nachdem bei der Berechnung des massgebenden Einkommens für die Prämienverbilligung im Kanton Luzern vom Nettoeinkommen pro Kind pauschal 9’000 Franken abzuziehen sind, besteht ein Anspruch auf Prämienverbilligung bei Eltern mit einem Kind bis zu einem massgebenden Einkommen von 63’000 Franken.

Die im Kanton Luzern für die Prämienverbilligung im Jahr 2017 geltende Einkommensgrenze erfasst damit nur gerade den tiefsten Bereich der mittleren Einkommen. In der bundesrechtlichen Regelung war mit dem Begriff „mittlere Einkommen“ jedoch nicht nur diese unterste Bandbreite gemeint. In den Debatten der eidgenössischen Räte zur Prämienverbilligung wurde mehrfach betont, dass neu Familien mit mittleren Einkommen respektive bis in den Mittelstand hinein durch die Prämienverbilligung entlastet werden sollten. Selbst unter Achtung der Autonomie der Kantone widerspricht die Einkommensgrenze von 54’000 Franken Sinn und Geist des Bundesrechts, da nur ein verschwindend kleiner Teil des Spektrums der mittleren Einkommen in den Genuss der Prämienverbilligung für Kinder und junge Erwachsene kommt. Die festgelegte Einkommensgrenze unterläuft den angestrebten Zweck und ist deshalb als bundesrechtswidrig aufzuheben.

 

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