Urteile
Sonntag, 13. Juni 2021

Zwölf Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die im November 2018 eine Bankfiliale in Lausanne besetzt hatten und dafür wegen Hausfriedensbruchs verurteilt wurden, haben gemäss dem Urteil des Bundesgerichts 6B_1295/2020 vom 26. Mai 2021 nicht in einer Notstandssituation gehandendelt. Das Bundesgericht weist ihre Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Waadt in diesem Punkt ab. Recht gegeben hat das Bundesgericht im Urteil 6B_1295/2020 vom 26. Mai 2021 zehn der zwölf Personen nur in einem Nebenpunkt.

Montag, 07. Juni 2021

Das Bundesgericht präzisiert im Urteil 4A_183/2020 vom 6. Mai 2021 seine Rechtsprechung zur Frage, welche Partei (Mieter oder Vermieter) im Streitfall zu beweisen hat, ob der Anfangsmietzins für eine Altbauwohnung im Vergleich mit orts- oder quartierüblichen Mietzinsen missbräuchlich ist oder nicht. Gemäss dem neue Urteil ist zu Gunsten des Mieters von der Vermutung eines missbräuchlichen Mietzinses auszugehen, wenn der neue Mietzins gegenüber dem früheren massiv, das heisst um deutlich mehr als 10 Prozent erhöht wurde (hier um 44 Prozent).

Dienstag, 04. Mai 2021

Im Urteil 4A_571/2020 vom 23. März 2021 fällte das Bundesgericht einen wichtigen Entscheid betreffend Hinterlegung des Mietzinses. Bei Mängeln an Wohn- oder Geschäftsräumen kann der Mieter nur künftige Mietzinsen mit der Wirkung einer Bezahlung gegenüber dem Vermieter hinterlegen. Wer Mietzinsen hinterlegt, die bereits zu zahlen (fällig) gewesen wären, riskiert eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Die Schlüsselpassage des Urteils lautet wie folgt: «Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass der Eintritt der Erfüllungswirkung nach Art. 259g Abs. 2 OR verlangt, dass die Voraussetzungen von Art. 259g Abs. 1 OR erfüllt sind. Hinterlegt ein Mieter im Zeitpunkt der Hinterlegung bereits fällige Mietzinse, vermag die Hinterlegung keine Tilgung der Mietzinsschuld zu bewirken.» (E.3.3.2.6 a.E.).

Freitag, 30. April 2021

Im Urteil 6B_124/2021 vom 24. März 2021 entschied sich das Bundesgericht gegen die bedingte Entlassung aus der Verwahrung von 74-jährigem pädophilem Täter. Einem 74-jährigen, wegen Sexualdelikten mit Kindern verurteilten Mann wurde, gemäss dem Bundesgericht, die bedingte Entlassung aus der Verwahrung durch das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zu Recht verwehrt. So mag namentlich das Alter des Verurteilen von 74 Jahren angesichts seines hohen Risikopotentials die bedingte Entlassung nicht zu rechtfertigen. Zudem verweigert der Verurteilte konsequent eine deliktsorientierte Therapie. Das Bundesgericht machte in diesem Urteil auch wichtige generell-abstrakte Ausführungen zur Alterspädophilie (vgl. E.2.6.3).

Mittwoch, 28. April 2021

Im Urteil 1C_469/2019, 1C_483/2019 vom 28. April 2021 befasste sich das Bundesgericht mit illegalen Bauten ausserhalb Bauzone. Die Pflicht zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands verwirkt nicht nach 30 Jahren. Die Behörden können gemäss dem Bundesgericht den Abriss von Gebäuden und Anlagen, die ausserhalb der Bauzone illegal erstellt wurden, ohne Rücksicht auf den Bauzeitpunkt anordnen. Anders als bei illegalen Bauten innerhalb der Bauzone verwirkt die Pflicht zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes nicht nach 30 Jahren.

Freitag, 23. April 2021

Das Bundesgericht pfeifft den Bundesrat im wichtigen und heute publizierten Urteil 2D_32/2020 vom 24. März 2021 mit Nachdruck zurück.  Der Bundesrat hat in der vom 21. März 2020 bis zum 20. September 2020 geltenden "Verordnung über die Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus (COVID-19) im Kultursektor" (COVID-Verordnung Kultur) zu Unrecht, wie das Bundesgericht betont, jegliche Beschwerdemöglichkeit für Betroffene ausgeschlossen. Das Bundesgericht überweist im Urteil 2D_32/2020 vom 24. März 2021 die Beschwerde eines Unternehmens, dessen Entschädigungsgesuch abgewiesen wurde, zur Behandlung ans Kantonsgericht des Kantons Waadt.

Mittwoch, 21. April 2021

Im Urteil 1C_657/2018, 1C_658/2018 vom 18. März 2021 weist das Bundesgericht die Beschwerden im Zusammenhang mit dem WindparkProjekt Sainte-Croix im Kanton Waadt in den wesentlichen Punkten ab und heisst sie nur in zwei untergeordneten Punkten gut. So wurde eine zum Schutz der Brutvögel verlangten Massnahme in einem Punkt ergänzt.

Dienstag, 20. April 2021

Gemäss Urteil des Bundesgerichts 1B_52/2021 vom 24. März 2021 ist die Unterbringung von «Carlos» in der JVA Pöschwies noch gerechtfertigt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Mannes ab, mit dem dieser seine Verlegung aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Pöschwies in ein Untersuchungsgefängnis im Kanton Zürich beantragt hat. Angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalles lässt sich seine Unterbringung in der JVA Pöschwies zum Vollzug von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft zurzeit noch rechtfertigen. Bei einem längeren Freiheitsentzug müssten Anstrengungen für eine lockerere Handhabung der Haftbedingungen gemacht werden. Das Bundesgericht bemerkt zum Schluss: Das Bundesgericht ist sich bewusst, dass dies im vorliegenden Fall besondere Anforderungen stellt. Der Rechtsstaat darf sich dieser Herausforderung und Verantwortung jedoch weiterhin nicht entziehen» (E.3.8 a.E.)

Freitag, 16. April 2021

Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 5A_755/2020 vom 16. März 2021 zum Recht auf persönlichen Verkehr mit den Kindern nach Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft. Dem Ex-Partner des rechtlichen Elternteils kann im Regelfall ein Besuchsrecht gewährt werden, wenn sich zum Kind eine "soziale" Elternbeziehung entwickelt hat und wenn das Kind im Rahmen eines gemeinsamen Elternprojekts gezeugt wurde und innerhalb der Paarbeziehung aufgewachsen ist. Andere Kriterien, wie etwa eine Konfliktsituation zwischen den ExPartnern, müssen in diesem Fall in den Hintergrund treten.

Donnerstag, 15. April 2021

Im Urteil 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 hatte sich das Bundesgericht mit der Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) zu befassen. Damit die Landesverweisung eines verurteilten Straftäters im SIS ausgeschrieben werden kann, muss kein schweres oder besonders schweres Delikt vorliegen. Entscheidend ist zudem nicht das Strafmass, sondern in erster Linie Art und Häufigkeit der Straftaten, die konkreten Tatumstände sowie das übrige Verhalten der Person.

Donnerstag, 08. April 2021

Das Bundesgericht schreibt mit Verfügung vom 23. März 2021 (1C_627/2020, 1C_631/2020, 1C_633/2020, 1C_639/2020, 1C_641/2020) und Urteil vom 23. März 2021 (1C_713/2020, 1C_715/2020) die Beschwerden im Zusammenhang mit Interventionen von Landeskirchen und Kirchgemeinden im Vorfeld der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative als gegenstandslos geworden ab. Auf zwei weitere Beschwerden zur Volksabstimmung vom vergangenen November tritt es nicht ein.