Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 7. Februar 2019 – Strafrecht, versuchter Mord

Das Bezirksgericht Zürich (Geschäfts-Nr. DG180217) spricht eine 35-jährige Frau des versuchten Mordes und weiterer Delikte schuldig und verurteilt sie zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren und einer Geldstrafe. Ihr 32-jähriger Bruder wird wegen Gehilfenschaft zu versuchter vorsätzlicher Tötung und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren sowie einer Geldstrafe verurteilt. Die Frau wird für 15 Jahre, der Mann für 10 Jahre des Landes verwiesen. Dem Opfer und seiner Familie wird Schadenersatz und Genugtuung zugesprochen.

Den Beschuldigten wurde vorgeworfen, am Nachmittag des 5. Novembers 2016 in die Wohnung der Schwiegereltern der Frau eingedrungen zu sein, um den Schwiegervater maskiert und mit Messern bewaffnet „zu erschrecken oder eventuell zu töten“. Nachdem der Schwiegervater nicht nach Hause kam, gingen sie in die Nachbarswohnung, wo ein ihnen unbekannter 14-jähriger Junge alleine zu Hause war. Sie fügten ihm mit dem Messer 15 lebensgefährliche Stich- und Schnittverletzungen zu und flüchteten anschliessend; der Junge überlebte nur mit viel Glück. Die Beschuldigte schickte der Kantonspolizei in der Folge zwei anonyme Briefe, worin sie ihren Schwiegervater der Tat beschuldigte.

Die Beschuldigten gaben vor Gericht ihre Tatbeteiligung zu. Die Frau machte aber teil-eise ihren geistig leicht behinderten Bruder für die Tat verantwortlich, während dieser behauptete, er habe nicht gewusst, was seine Schwester geplant habe.

Das Gericht kommt zum Schluss, dass die Beschuldigte die Haupttäterin war. Es spricht sie wegen versuchten Mordes, mehrfacher falscher Anschuldigung, Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Freiheitsberaubung schuldig. Das Gericht beurteilt ihre Tat als besonders skrupellos: Sowohl ihr Motiv, nämlich ein schweres Delikt gegen Leib und Leben eines unbeteiligten Jungen zu begehen, um ihren Schwiegervater falsch zu beschuldigen als auch die Art und Weise der Tatausführung sind absolut verwerflich und lassen auf eine völlige Missachtung des Lebens des Opfers und seiner Familie schliessen. Das Verschulden der Beschuldigten wiegt sehr schwer: Aus Hass und Eifersucht entstand die Idee, ein Verbrechen gegen ihre Schwiegereltern zu begehen. Zur Unterstützung bei der Tat liess sie extra ihren geistig behinderten Bruder aus Mazedonien einfliegen. Die Tat führte sie kaltblütig und auf bestialische Art und Weise aus. Leicht strafmindernd wurde berücksichtigt, dass die Beschuldigte im Tatzeitraum eine depressive Episode hatte.

Das Gericht verurteilt die beschuldigte Frau zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Jahren sowie einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 10.– und ordnet begleitend eine ambulante Behandlung ihrer psychischer Probleme an. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen. Lediglich die Geldstrafe wird bedingt ausgesprochen, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Die Beschuldigte mazedonischer Staatsangehörigkeit wird für 15 Jahre des Lan-des verwiesen; das Gericht verneint unter den vorliegenden Umständen einen Härtefall, obwohl ihre Kinder in der Schweiz leben.

Der Tatbeitrag des Bruders, der in seinen geistigen Fähigkeiten eingeschränkt und leicht manipulierbar ist, bestand darin, seiner Schwester bei der Tat zu helfen. Das Gericht verurteilt ihn wegen Gehilfenschaft zu versuchter vorsätzlicher Tötung, Diebstahls und Haus-friedensbruchs. Ihm wird eine mittlere Schuldunfähigkeit attestiert. Das Gericht verurteilt ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren und einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 10.–. Er wird für zehn Jahre des Landes verwiesen.

Das Gericht verurteilt die beiden Beschuldigten solidarisch, dem Opfer Schadenersatz in der Höhe von rund Fr. 23’000.– und eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 60’000.– zu bezahlen. Der Mutter und dem Vater des Opfers spricht das Gericht eine Genugtuung in der Höhe von je Fr. 12’000.– sowie Schadenersatz zu.

Die Beschuldigte bleibt in Sicherheitshaft, der Beschuldigte im vorzeitigen Strafvollzug. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann beim Obergericht des Kantons Zürich angefochten werden.

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