Urteil Bundesgericht 6B_1410/2019 vom 17. Juni 2020: Mediation im Jugendstrafrecht

Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 6B_1410/2019 vom 17. Juni 2020 zu der im Jugendstrafrecht vorgesehenen Mediation zwischen Täter und Opfer. Haben zwei Jugendliche eine Straftat als Mittäter begangen, ist für jeden von ihnen gesondert zu beurteilen, ob die Mediation mit dem Opfer gelungen ist oder nicht. Es ist grundsätzlich nicht willkürlich, wenn gegen den einen Mittäter das Strafverfahren wegen erfolgreicher Mediation eingestellt wird, während der andere nach erfolgloser Mediation verurteilt wird.

Zwei minderjährige Jugendliche hatten 2016 eine ebenfalls minderjährige Jugendliche sexuell missbraucht. Nach Einleitung des Strafverfahrens wurde vom zuständigen Genfer Jugendrichter die Durchführung einer Mediation gemäss Artikel 17 der Jugendstrafprozessordnung (JStPO) angeordnet. Bei einem Täter endete die Mediation mit dem Opfer erfolgreich, beim anderen nicht. Gegen den ersten wurde das Strafverfahren in der Folge gemäss Artikel 17 JStPO eingestellt. Der zweite wurde nach Jugendstrafrecht zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. In seiner Beschwerde ans Bundesgericht machte er unter anderem geltend, dass es verfassungswidrig sei, wenn bei Mittäterschaft die Mediation für einen der Beschuldigten erfolgreich verlaufe, für den anderen aber nicht. Der zu Straflosigkeit führende erfolgreiche Ausgang des Mediationsverfahrens bezüglich des einen Mittäters und der Schuldspruch gegen den anderen Mittäter sei willkürlich.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Die in Artikel 17 JStPO vorgesehene Mediation stellt ein zusätzliches Instrument der Jugendstrafbehörden dar, um auf das Konfliktverhältnis zwischen dem Täter und dem Opfer einzuwirken. Die Mediation ist ein Schritt zu einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts; sie beruht auf dem Postulat, dass strafrechtliche Interventionen bei Jugendlichen als ultima ratio auf das strikte Minimum zu beschränken sind. Im Verfahren der Mediation betreffen mehrere Faktoren – wie etwa der Wille zur Anerkennung der Tatsachen oder die Bemühungen um Wiedergutmachung – spezifisch den einzelnen Täter und die Entwicklung seines Verhältnisses zum Opfer. Es versteht sich von selbst, dass der Erfolg des Mediationsverfahrens bezüglich des einen Mittäters vom anderen Mittäter nicht dadurch vereitelt werden kann, dass dieser die Faktenlage nicht anerkennt oder keine ausreichenden Anstrengungen zur Wiedergutmachung unternimmt. Mit anderen Worten beurteilt die zuständige Behörde den Erfolg oder Misserfolg einer Mediation immer nur in Bezug auf die betroffene Partei. Der Beschwerdeführer kann deshalb nichts zu seinen Gunsten daraus ableiten, dass bei ihm die Mediation nicht erfolgreich war, bei seinem Mittäter hingegen schon. Was die Verurteilung des Betroffenen als solche betrifft, ist die gerichtliche Beweiswürdigung nicht zu beanstanden.

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