5A_691/2023
Dienstag, 03. September 2024

Im Urteil 5A_691/2023 vom 13. August 2024 hat das Bundesgericht einen äusserst wichtigen und praxisrelevanten Leitentscheid zur Berechnung von Fristen gefällt. So hat das Bundesgericht klargestellt, wie die in Monaten festgelegten Fristen – der wichtigste Anwendungsfall ist die Gültigkeit der Klagebewilligung, die den Kläger berechtigt, die Klage innerhalb von drei Monaten nach ihrer Zustellung bei Gericht einzureichen –zu berechnen sind.  Hier sind einige Schlüsselausführungen: «Daraus folgt, dass beim Europäischen Fristenübereinkommen der Tag des fristauslösenden Ereignisses mit dem Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt, zusammenfällt […]» (E.4.3.1.3). «Schliesslich kann angefügt werden, dass Fristen - wie dies das Europäische Fristenübereinkommen vorsieht - aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich nach ein und derselben Methode berechnet werden sollten, und zwar unabhängig davon, ob sie sich aus dem materiellen Recht oder dem Prozessrecht ergeben. Gründe, weshalb zivilprozessuale Fristen zwingend anders zu berechnen wären als Fristen des materiellen Zivilrechts oder des Prozessrechts anderer Rechtsgebiete, sind jedenfalls nicht ersichtlich. Erst recht nicht einsichtig ist, weshalb nach Tagen und Monaten bestimmte (zivilprozessuale) Fristen unterschiedlich berechnet werden sollten, indem bei nach Tagen bestimmten Fristen nur die entsprechende Anzahl Tage voll zur Verfügung steht, während bei nach Monaten bestimmten Fristen systematisch ein zusätzlicher Tag zur Verfügung stehen soll.» (E.5.5.4.2). «Als Ergebnis der Auslegung von Art. 142 Abs. 1 und 2 ZPO ist demzufolge festzuhalten, dass Art. 142 Abs. 2 ZPO in dem Sinn auszulegen ist, als der "Tag, an dem die Frist zu laufen begann", sich nicht nach Art. 142 Abs. 1 ZPO richtet, sondern auf den Tag des fristauslösenden Ereignisses Bezug nimmt. Der Beschwerdeführer hat demnach auch in Anwendung von Art. 142 Abs. 2 ZPO die Klagefrist gemäss Art. 209 Abs. 3 ZPO verpasst […].» (E.5.6).  «Nach dem Ausgeführten besteht kein Normkonflikt zwischen Art. 142 Abs. 2 ZPO und dem Europäischen Fristenübereinkommen und braucht die Frage des Verhältnisses zwischen diesem und jenem nicht beantwortet zu werden.» (E.5.7). Im vorliegenden Fall entschied das Bundesgericht, dass die dreimonatige Klagefrist mit dem Datum der Zustellung der Klagebewilligung zu laufen begann und dass der Kläger seine Klage einen Tag zu spät eingereicht hatte. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben wurde der Beschwerde des Klägers dennoch stattgegeben, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Frage der korrekten Berechnung von Monatsfristen bis zu diesem Urteil umstritten war (E.6).