Swisscom muss beim Ausbau des Glasfasernetzes vorsorgliches Verbot der WEKO einhalten

Das Bundesgericht weist im Urteil 2C_876/2021 vom 2. November 2022 die Beschwerde der Swisscom im Zusammenhang mit der von der Wettbewerbskommission (WEKO) verhängten vorsorglichen Massnahme für den Ausbau des Glasfasernetzes ab. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem es das vorsorgliche WEKO-Verbot bestätigt hat, ist nicht willkürlich.

Sachverhalt

Die Swisscom gab im Februar 2020 ihre neue Strategie zum Ausbau des Glasfaseranschlussnetzes bekannt. Künftig sollte statt des Vierfaser-Modells (mit Punkt-zu-Punkt-Topologie, P2P) ein Einfaser-Modell mit Baumstruktur (mit Punkt-zu-Multipunkt-Topologie, P2MP) zum Einsatz kommen. Für andere Fernmeldeanbieter würde damit keine Möglichkeit bestehen, selber physischen Zugang zu Glasfaserleitungen zwischen der Anschlusszentrale der Swisscom und dem Teilnehmeranschluss zu erhalten (Layer-1- Angebot).

Nach Eingang der Anzeige eines Konkurrenten eröffnete das Sekretariat der WEKO im Dezember 2020 ein Verfahren; die WEKO verbot der Swisscom vorsorglich, ihr Glasfasernetz in einer Weise aufzubauen, die es verunmögliche, Dritten ein Layer-1-Angebot ab den Anschlusszentralen der Swisscom anzubieten.

Instanzenzug

Das Bundesverwaltungsgericht wies die von der Swisscom dagegen erhobene Beschwerde 2021 ab.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 2C_876/2021 vom 2. November 2022

Das Bundesgericht weist im Urteil 2C_876/2021 vom 2. November 2022 die Beschwerde der Swisscom gegen diesen Entscheid ab.

Entscheide über vorsorgliche Massnahmen prüft das Bundesgericht nur darauf hin, ob verfassungsmässige Rechte wie namentlich das Willkürverbot verletzt wurden. Aufgrund einer summarischen Prüfung ist es nicht offensichtlich unhaltbar, für den Ausbau des Glasfasernetzes gestützt auf das Kartellgesetz vorsorgliche Massnahmen anzuordnen.

Weiter ist es auch nicht offensichtlich unhaltbar, wenn das Bundesverwaltungsgericht hier das Vorliegen der Voraussetzungen zum Erlass einer vorsorglichen Massnahme bejaht hat; nicht willkürlich ist insbesondere die Annahme, dass ohne diese ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil für den funktionierenden Wettbewerb droht. Die vorsorgliche Massnahme als solche hat die Vorinstanz sodann willkürfrei als verhältnismässig beurteilt; angesichts des ihr zukommenden Ermessens ist es nicht offensichtlich unhaltbar, wenn sie dabei von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Sicherung eines diskriminierungs- und monopolisierungsfreien Zugangs zu Glasfasernetzen ausgeht.

Auch mit ihren weiteren Einwänden vermag die Swisscom nicht darzulegen, weshalb der angefochtene Entscheid im Ergebnis geradezu willkürlich sein sollte.

Das Bundesgericht zieht folgendes Fazit: «Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und B für das bundesgerichtliche Verfahren die notwendigen Kosten zu ersetzen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Eine Parteientschädigung zu Gunsten der WEKO ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).» (E.10).

Rechtsanwälte der Parteien

Die Swisscom wurde durch Dr. Reto Jacobs und Dr. Daniel Zimmerli von Walder Wyss vertreten.

Die Beschwerdegegnerin durch Prof. Dr. Simon Schlauri.

Stellungnahme der Swisscom

Die Swisscom veröffentlichte folgende Stellungnahme zum Urteil:

Swisscom setzt seit 2020 beim Ausbau des Glasfasernetzes auf die Punkt-zu-Multipunkt (Point-to-Multipoint / P2MP) Topologie zwischen Zentrale und dem Strassenschacht (Manhole) im Quartier. Diese Ausbauweise, die auf dem bestehenden Netz aufbaut, ermöglicht einen schnelleren, schweizweit flächendeckenden Ausbau mit Glasfasertechnologie (FTTH).

Die WEKO untersucht seit Dezember 2020, inwiefern die P2MP-Topologie den Wettbewerb behindert. Sie hat gleichzeitig vorsorgliche Massnahmen erlassen, die dazu geführt haben, dass Swisscom mit wenigen Ausnahmen keine Anschlüsse, die mit dieser Topologie gebaut wurden, in Betrieb nehmen konnte und die Vermarktung einstellen musste. Per Ende September 2022 sind knapp 400’000 Anschlüsse davon betroffen. Damit Kunden die schnellen FTTH-Anschlüsse nutzen können, hat Swisscom im Oktober 2022 entschieden und kommuniziert, neue Anschlüsse grösstenteils in der Punkt-zu-Punkt-Architektur (P2P) auszuführen und bestehende P2MP-Anschlüsse teilweise in P2P umzubauen.

Swisscom bietet allen Mitbewerbern diskriminierungsfrei einen Zugang zu ihren Netzen, zu regulierten oder kommerziell vereinbarten Bedingungen. Swisscom baut ihr Netz laufend aus und investiert jährlich rund CHF 1,7 Mrd. in der Schweiz in den Ausbau und Unterhalt dieser Netze. Davon profitieren auch die Mitbewerber, indem sie ihre eigenen Investitionen reduzieren und damit Kosten sparen können.

Die Verfügung der WEKO im Hauptverfahren steht weiterhin aus; diese wird 2023 erwartet.

 

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