Strafrecht
Sonntag, 07. Februar 2021

Das Bundesgericht behandelt im Urteil 1B_524/2020 vom 28. Dezember 2020 das wichtige Thema der Verfahrenstrennung. Das Bundesgericht äusserte sich generell-abstrakt zwar, dass Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn Mittäterschaft oder Teilnahme (Anstiftung oder Gehilfenschaft) vorliegt (Art. 29 Abs. 1 lit. b StPO) (E.2.3.). Im vorliegenden Fall, wo es um sexuelle Nötigung und weitere Delikte durch zwei Männer an der derselben Frau in unterschiedlichen Zeitpunkten in der gleichen Nacht geht, nahm das Bundesgericht aber keinen Fall der Mittäterschaft oder Teilnahme an. Gegen die Verfahrenstrennung sprach für das Bundesgericht auch nicht, dass sich zwei gegen dieselbe Person gerichtete Taten am selben Ort und in derselben Nacht ereignen, oder dass in beiden Verfahren die Aussagen der Geschädigten auf ihre Glaubhaftigkeit zu prüfen sind (E.2.4.).

Donnerstag, 04. Februar 2021

Das Bundesgericht bestätigt im Urteil 6B_572/2020 vom 8. Januar 2021 die Betrugsverurteilung eines Mannes, der eine Frau um das vereinbarte Entgelt für die von ihr erbrachten sexuellen Dienstleistungen geprellt hat. Ihr Anspruch auf Entschädigung ist strafrechtlich zu schützen, da der Prostitutionsvertrag unter diesem Aspekt nicht mehr als sittenwidrig gelten kann.

Sonntag, 24. Januar 2021

Im Strafprozess besteht die die Option, dass sich der Beschuldigte durch mehrere Verteidiger vertreten lässt. Möglich ist dabei auch sowohl einen amtlichen als auch einen gewillkürten Verteidiger (Wahlverteidigung) zu haben. Gemäss Art. 127 Abs. 2 StPO muss dabei ein Hauptverteidiger bzw. Hauptvertreter bezeichnet werden. Im Urteil 1B_424/2020 vom 15. Dezember 2020, welches in Fünferbesetzung ergangen ist, hatte das Bundesgericht einen Fall aus dem Kanton Luzern zu beurteilen, wo die Staatsanwaltschaft Luzern ohne Einbezug des Beschuldigten den amtlichen Verteidiger zum Hauptverteidiger bzw. Hauptvertreter küren wollte. Das Bundesgericht stellt klar, dass es dem Beschuldigten zusteht, den Hauptverteidiger bzw. Hauptverteidiger zu benennen. Auf jedem Fall muss de Beschuldigten ein vorgängiges Anhörungsrecht zugestanden werden (E.2.7.).

Dienstag, 12. Januar 2021

Im wichtigen Urteil 6B_582/2020 vom 17. Dezember 2020 (amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht mit der Kostenauflage an Privatkläger im Rechtsmittelverfahren – anders gesagt mit dem Kostenrisiko, welches Privatkläger im strafrechtlichen Rechtsmittelverfahren eingehen (müssen). Der Sachverhalt selber des Urteils ist rasch erzählt. Bei einer Schlichtungsverhandlung von Mit- und Stockwerkeigentümern äussert sich eine Person gegenüber einer anderen mit «Die spinnt!». Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein und sah kein Ehrverletzungsdelikt als erfüllt an. Die entscheidende Stelle des Urteils des Bundesgerichts bezüglich der Kostenverteilung im Rechtsmittelverfahren findet sich am Schluss: «…dass die Entschädigung der beschuldigten Person für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte bei einer Einstellung des Strafverfahrens oder bei einem Freispruch zulasten des Staats geht, wenn es sich um ein Offizialdelikt handelt (Art. 429 Abs. 1 StPO), und zulasten der Privatklägerschaft, wenn es um ein Antragsdelikt geht (Art. 432 Abs. 2 StPO). Im Berufungsverfahren betreffend Offizialdelikte wird die unterliegende Privatklägerschaft entschädigungspflichtig, im Beschwerdeverfahren hingegen der Staat. Geht es um ein Antragsdelikt, wird sowohl im Berufungs- wie im Beschwerdeverfahren die Privatklägerschaft entschädigungspflichtig (Art. 436 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 432 Abs. 2 StPO).» (E.4.2.6).

Freitag, 08. Januar 2021

Im Urteil 6B_1288/2019 vom 21. Dezember 2020 behandelte das Bundesgericht die beweisrechtliche Verwertbarkeit von Kameraaufnahmen aus dem öffentlichen Raum. Streitgegenstand vor dem Bundesgericht bildete die Verwertbarkeit einer Videoaufnahme, welche von einer an der Synagoge der Israelitischen Gemeinde Basel installierten Videoüberwachungsanlage erstellt wurde und die Strassenkreuzung im öffentlichen Raum erfasst, auf welcher es zur Beinahekollision zwischen dem Beschwerdeführer und der Fahrradlenkerin bzw. Geschädigten kam. Da die Überwachungsanlage nicht auf eine genügende rechtliche Grundlage abgestützt war und das zur Diskussion stehenden Delikte keine schweren Straftaten im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO darstellen verneinte das Bundesgericht die Verwertbarkeit der Videoaufnahmen.

Mittwoch, 06. Januar 2021

Im Urteil 1B_637/2020 vom 29. Dezember 2020 hatte sich das Bundesgericht mit einem Fall aus dem Kanton Zürich zu befassen. Das Obergericht des Kantons Zürich bejahte das Vorliegen des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr. Das Bundesgericht entschied anders und verneinte das Vorliegen dieses Haftgrundes, der auch als «Präventivhaft» bezeichnet wird. Das Bundesgericht erklärte dabei u.a. das bei Vermögensdelikten nur ausnahmsweise eine für diesen Haftgrund notwendige Sicherheitsgefährdung vorliegen könne. Die Frage zum Vortaterfordernis lies das Bundesgericht in diesem Fall offen.

Freitag, 25. Dezember 2020

Bei den vielen Weihnachtsgrüssen von Anwaltskanzleien und Behörden gab es sehr viele schöne Exemplare. Wir haben uns aber im Jahr 2020 für den Weihnachtsgruss der Stadtpolizei - oder wohl eher Stadtpullizei Zürich - entschieden. Warum können Sie dem Bild entnehmen. LAWSTYLE wünscht frohe Festtage. 

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Nach umfangreichen Ermittlungen zu den schweizerischen Geschäftstätigkeiten einer bedeutenden, im internationalen Betäubungsmittelhandel und in der grossangelegten Geldwäscherei der daraus gewonnenen Erträge aktiven kriminellen Organisation aus Bulgarien, hat die Bundesanwaltschaft (BA), wie sie heute mitteilt, Anklage beim Bundesstrafgericht (BStGer) eingereicht. Sie erhebt Anklage gegen die Bank Credit Suisse AG und wirft ihr vor, nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen zu haben, um die Geldwäscherei von Vermögenswerten zu verhindern, welche der kriminellen Organisation gehörten und unter ihrer Kontrolle standen. Die BA erhebt gleichzeitig Anklage gegen eine ehemalige Kundenbetreuerin der Bank und zwei Mitglieder der kriminellen Organisation.

Donnerstag, 03. Dezember 2020

Mit dem Abschluss der über fünf Jahre dauernden Operation «Wave» hat die Kantonspolizei Zürich und die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürichs der organisierten Betäubungsmittelkriminalität in der Schweiz einen schweren Schlag versetzt. Die aufwändigen Ermittlungen deckten eine kriminelle nigerianische Organisation auf, welche über mehrere Jahre und im grossen Stil Kokain im Körper von Kurieren oder in Rollkoffern versteckt aus dem Ausland in die Schweiz transportierte.

Mittwoch, 25. November 2020

Besonders schwere Straftaten können nach geltendem Recht grundsätzlich angemessen sanktioniert werden. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht vom 25. November 2020. Er zeigt aber Möglichkeiten auf, wie die lebenslange Freiheitsstrafe reformiert werden könnte, um sie besser von der 20-jährigen Freiheitsstrafe sowie der Verwahrung abzugrenzen.

Mittwoch, 11. November 2020

Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung das Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen per 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt. Inländische finanzielle Sanktionen mit Strafzweck, d.h. Bussen, Geldstrafen und Verwaltungssanktionen mit Strafzweck, sind wie bisher steuerlich nicht abzugsfähig. Ausländische finanzielle Sanktionen mit Strafzweck sollen dagegen im Ausnahmefall steuerlich abzugsfähig sein, wenn sie gegen den schweizerischen Ordre public verstossen oder wenn ein Unternehmen glaubhaft darlegt, dass es alles Zumutbare unternommen hat, um sich rechtskonform zu verhalten. Steuerlich nicht abzugsfähig sind neu Bestechungsgelder an Private. Damit wird eine Harmonisierung zwischen Steuer- und Strafrecht erreicht. Schliesslich sollen neu Aufwendungen, die eine Straftrat ermöglichen oder als Gegenleistung hierfür bezahlt werden, steuerlich nicht abzugsfähig sein.