Maskenpflicht am Arbeitsplatz und Sanktionen für Maskenverweigerer

Zahlreiche Arbeitgeber haben bereits eine allgemeine Maskenpflicht am Arbeitsplatz im Betrieb verordnet. Nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind damit einverstanden. Im Interview mit Rechtsanwalt Boris Etter (www.jobanwalt.ch und www.arbeitsrechtplus.ch) gehen wir den aktuell brennendsten Fragen zu Covid-19 und Arbeitsrecht nach.

Interview: Priscilla Schürch, MLaw

Sehr geehrter Herr Etter, dürfen Unternehmen am Arbeitsplatz eine Maskenpflicht anordnen?

Das ist grundsätzlich der Fall. Dem Arbeitgeber steht das allgemeine Weisungsrecht gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu. Das Weisungsrecht ist sehr weitgehend und bezieht sich auf alle Aspekte des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber muss natürlich das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren. Weiter ist der Arbeitgeber aufgrund von Art. 328 OR sowie dem Arbeitsgesetz (ArG) und seinen Verordnungen zu einem umfassenden Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz verpflichtet.

Und das gilt unabhängig von einer allfälligen staatlich verordneten Maskenpflicht am Arbeitsplatz?

Ja, der Arbeitgeber kann die Maskenpflicht auf die bestehenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen stützen. Es braucht hier keine weitergehenden rechtlichen Eingriffe oder Normen von Bund oder Kantonen. Die arbeitsrechtliche Ausgangslage entspricht derjenigen von Gehörschutz bei Arbeitsplätzen mit starker Geräuschkulisse oder der Helmpflicht auf Baustellen. Also eigentlich als Grundsatzthematik nichts Neues.

Masken sind ja nicht ganz günstig. Wer muss für die Kosten von Masken aufkommen?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit aller für Arbeit nötigen Ausrüstung auf seine Kosten auszustatten. Wenn Masken aufgrund einer Maskenpflicht im Betrieb dazugehören, dann muss der Arbeitgeber für die Kosten der Masken aufkommen bzw. diese kostenlos im Betrieb zur Verfügung stellen. Falls keine Maskenpflicht im Betrieb besteht, besteht auch keine Verpflichtung zur Kostentragung durch den Arbeitgeber.

Wie sieht es mit Masken für den Arbeitsweg aus?

Der Arbeitsweg ist die persönliche Sache der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Eine Maskenpflicht auf dem Arbeitsweg steht auch nicht im Machtbereich des Arbeitgebers. Hier muss er nicht auf die Kosten aufkommen. Es ist aber davon auszugehen, dass sich hier viele Unternehmen, insbesondere Grossunternehmen, kulant zeigen werden.

Wie sieht die Rechtslage aus, wenn Arbeitnehmende aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen können?

Dann kann sie der Arbeitgeber auch nicht dazu verpflichten. Die betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten natürlich einen klaren ärztlichen Dispens vorlegen. Diesen kann der Arbeitgeber dann zur Personalakte nehmen.

Wie kann man Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer ohne Masken vor Anfeindungen am Arbeitsplatz schützen?

Das ist eine sehr gute Frage. Dieser Schutz vor Anfeindungen gehört auch zum Arbeitnehmerpersönlichkeitsschutz. Man könnte z.B. ein Badge kreieren «Befreit von Maskenpflicht». Wenn es aber um Fragen der Gesundheit geht, so unterstehen diese einer strengen Geheimhaltungs­pflicht und dem Datenschutz. Eine praktische Lösung kann hier auch sein, solche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eher im Hintergrund als an der Front im Betrieb einzusetzen.

Wie sieht es mit dem «Graubereich» aus, wenn Arbeitnehmende unter der Maskentragepflicht wirklich leiden oder diese unangenehm ist?

Hier kommt es zu einem gewissen Zielkonflikt, nämlich zwischen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (für alle Angestellten) und dem Recht auf Persönlichkeitsschutz des individuellen Arbeitnehmers. Eine mögliche praktische Lösung könnten zusätzliche Maskenpausen im Aussenbereich des Betriebs bzw. im Freien sein.

Kann ein Arbeitnehmender auf Homeoffice bestehen bzw. dieses verbindlich verlangen?

Es besteht aus dem allgemeinen Arbeitsrecht kein Anspruch auf Homeoffice. Einen Anspruch auf Homeoffice kann der Arbeitgeber natürlich im Rahmen von Einzelarbeitsverträgen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern freiwillig eingehen. In gewissen Unternehmen ist das der Fall, aber in der Regel nur für einen Tag pro Woche. Derzeit (am 26. Oktober 2020) besteht auch kein rechtlicher Anspruch aus anderen Rechtsquellen, etwa dem Epidemiengesetz (EpG).

Wie beurteilen Sie die arbeitsrechtliche Situation im Homeoffice allgemein?

Die arbeitsrechtliche Regelung von Homeoffice kann durch die bestehende rechtliche Ordnung, auch im Bereich des Arbeitnehmer- und des Gesundheitsschutzes, problemlos abgedeckt werden. Nicht klar ist derzeit für Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie man Homeoffice mit einem hohen Anteil und über längere Zeit am besten organisiert. Auch ist niemandem klar, wie viel Homeoffice – oder gar nur noch Homeoffice – es in einem Betrieb verträgt.

Welche Sanktionen stehen dem Arbeitgeber gegenüber Maskenverweigerern am Arbeitsplatz zur Verfügung?

Hier steht dem Arbeitgeber das gesamte arbeitsrechtliche Spektrum von Sanktionen zur Verfügung. Etwa die Abmahnung oder die Kündigung, einschliesslich – vor allem nach einer oder mehreren Abmahnungen – die Aussprache einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Wie sieht es mit Quarantäne-Brechern aus, d.h. Personen, die trotz Quarantäne am Arbeitsplatz erscheinen?

Auch hier kann der Arbeitgeber mit dem üblichen arbeitsrechtlichen Arsenal von Sanktionen spielen. Aufgrund der Inkaufnahme der gesundheitlichen Gefährdung von Menschen durch einen Quarantäne-Brecher liegt hier auch eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses näher als bei der blossen Weigerung eine Maske zu tragen. Der Arbeitgeber muss auch erwägen, ob er in einem solchen Fall nicht auch Strafanzeige gegen den Quarantäne-Brecher einreichen möchte. Das könnte auch die rechtliche Position des Arbeitgebers in einem allfälligen arbeitsrechtlichen Streit verbessern.

Welche weiteren Themen sind derzeit arbeitsrechtlich wegen Covid-19 besonders aktuell?

Das sind viele und immer mehr. Etwa die Lohnfortzahlung bei selbstverschuldeter Quarantäne (wegen Partys und Auslandsreisen), Abmeldungen vom Arbeitsplatz wegen Corona-Verdacht oder Corona-Angst am Arbeitsplatz, der Bezug und die Umplanung von Ferien sowie natürlich diverse Fragestellungen rundum Kündigungen.

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