Keine Verrechnung von Negativzinsen bei Auflösung von Festhypothek (Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 28. September 2018)

Das Bezirksgericht Zürich fällte mit Urteil vom 28. September 2018 (Geschäfts-Nr. FV180107) einen einen wichtigen Entscheid zu Hypothekargeschäften. Es ging um die Entschädigung bei vorzeitiger Auflösung einer Festhypothek (Vorfälligkeitsentschädigung) – die Bank durfte dem Kunden aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages keine Negativzinsen verrechnen.

Eine Bank berechnete einem Kunden wegen vorzeitiger Auflösung der Festhypothek eine Entschädigung (sogenannte „Vorfälligkeitsentschädigung“). Gemäss dem rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichts Zürich durfte sie im konkreten Fall keine Negativzinsen verrechnen. Dies ergibt sich aus der Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags.

Ein Bankkunde (Kläger) schloss am 7. Februar 2012 mit einer Bank (Beklagte) einen Rahmenvertrag für Hypotheken ab. Die Bank gewährte ihm damit ein Darlehen für seine Liegenschaft in der Höhe von Fr. 815’000.–. Das Darlehen wurde in drei Tranchen mit festen Laufzeiten abgeschlossen, wobei eine Tranche als Libor-Hypothek, die beiden anderen als Festhypotheken abgeschlossen wurden. Im Jahr 2016 zahlte der Kunde das Darlehen vorzeitig, d.h. vor Ablauf der vereinbarten festen Laufzeiten, zurück. Die Bank buchte dem Kunden für die vorzeitige Auflösung des Vertrags eine „Vorfälligkeitsent-schädigung“ in der Höhe von insgesamt Fr. 19’823.– vom Konto ab. Der Kunde klagte gegen die Bank auf Rückzahlung dieses Betrags.

Strittig war zwischen den Parteien unter anderem, ob grundsätzlich eine Vorfälligkeitsentschädigung geschuldet war und falls ja, wie sie sich bei den Festhypotheken berechnet. Insbesondere bestritt der Kläger, dass die Bank einen Negativzinssatz als Wiederanlagesatz berechnen durfte.

Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich hält zunächst fest, dass der Kläger die Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss, wenn er den Vertrag vorzeitig auflöst, und zwar unabhängig davon, ob der Bank ein Schaden entsteht oder nicht. Dies wurde vertraglich so vereinbart und entspricht den gesetzlichen Bestimmungen zur Konventionalstrafe (Artikel 160 Absatz 3 und Artikel 161 Absatz 1 Obligationenrecht [OR]).

Für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei den Festhypotheken kommt der Einzelrichter aufgrund einer umfassenden Vertragsauslegung zum Schluss, dass die vertragliche Regelung der Parteien im konkreten Fall keine Berücksichtigung von Negativzinsen zuliess. Die Bank durfte somit bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung keine Negativzinsen berücksichtigen, sondern musste bei einem negativem Zinsumfeld mit einem Wiederanlagesatz von 0% rechnen.

Im Einzelnen sah der zwischen den Parteien abgeschlossene Rahmenvertrag vor, dass sich die Vorfälligkeitsentschädigung bei Festhypotheken in Prozenten des Rückzahlungsbetrages für die gesamte Darlehenslaufzeit pro rata temporis berechne. Weiter, dass als massgebender Prozentsatz die Differenz zwischen dem im Zeitpunkt der vorzeitigen Fälligkeit geltenden Darlehenszinssatz und dem auf den selben Zeitpunkt erzielbaren Zinssatz für eine Anlage am Geld- und Kapitalmarkt mit entsprechender Restlaufzeit gelte. Bei der Vertragsauslegung wurde unter anderem der Wortlaut der Klauseln berücksichtigt, welche auf einen Zinssatz im positiven Bereich hindeutete. Zudem spielte eine Rolle, dass zur Zeit des Vertragsschlusses im Jahre 2012 noch keine Negativzinsen eingeführt worden waren; ein Laie musste im Zeitpunkt des Vertragsschlusses somit nicht mit Negativzinsen rechnen. Die getroffene Regelung erweckte schliesslich aufgrund ihrer Systematik und dem Zusammenhang heraus den Eindruck, dass maximal der gesamte Restzins zu zahlen sei, nicht jedoch – wie dies bei der Verrechnung von Negativzinsen geschieht – ein Mehrbetrag.

Die Bank wurde daher verpflichtet, dem Kläger die aufgrund der Berücksichtigung von Negativzinsen zu viel abgebuchten Beträge in der Höhe von Fr. 3’399.60 zurückzuerstatten.

Soweit bekannt ist dies eines der ersten veröffentlichten Urteile in der Schweiz, die sich zur Frage der Berücksichtigung von Negativzinsen bei Vorfälligkeitsentschädigungen äussern. Zu beachten ist, dass das Urteil die Frage nicht generell beantwortet, sondern aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles. Zu beachten ist insbesondere, dass die Auslegung des Vertrages im Fall von Bedeutung war.

Das Urteil ist rechtskräftig. Der begründete Entscheid wird in der Entscheidsammlung der Zürcher Gerichte publiziert (www.gerichte-zh.ch/entscheide).

 

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