Keine altersmässige Befristung der Leistungen für teilinvalide Rentenbeziehende gestützt auf Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe c UVG

Das Bundesgericht heisst im Urteil 8C_620/2022 vom 21. September 2023 die Beschwerde einer teilinvaliden Rentenbeziehenden gut deren gesetzliche Leistungen von der Unfallversicherung auf das ordentliche Rentenalter eingestellt wurden.

Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Kontext und teleologische Betrachtungsweise von Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe c UVG sprechen überwiegend gegen eine altersmässige Befristung der Leistungen für teilinvalide Rentenbeziehende. Die Unfallversicherung richtet der teilinvaliden Beschwerdeführerin seit mehreren Jahren eine Invalidenrente aus und sie hatte bisher auch die Kosten für eine Langzeit-Physiotherapie zum Erhalt der verbleibenden Erwerbsfähigkeit übernommen.

Mit Verfügung und später Einspracheentscheid stellte die Unfallversicherung diese Pflegeleistungen und Kostenvergütungen per 31. Mai 2020 ein mit der Begründung, die Beschwerdeführerin werde Mitte Mai 2020 das 64. Altersjahr und damit das ordentliche Rentenalter erreichen. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde ab.

In Gutheissung der Beschwerde hebt das Bundesgericht im Urteil 8C_620/2022 vom 21. September 2023 das angefochtene Urteil und den Einspracheentscheid auf. Das Bundesgericht hat sich vertieft mit dem Sinngehalt von Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe c des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) auseinandergesetzt. Nach dem klaren Wortlaut dieser Norm ergibt sich, erstens, dass keine tatsächliche Ausübung der Resterwerbsfähigkeit durch die versicherte Person gefordert wird. Es ergibt sich auch keine Befristung der Sachleistungen für Teilrentenbeziehende durch den Eintritt des AHV-Rentenalters. Der Gesetzgebungsprozess liefert, zweitens, keine stichhaltigen Hinweise. Drittens gibt es, im Gegensatz zur UV-Rente, keine gesetzlichen Vorgaben zu den Auswirkungen des AHV-Rentenalters hinsichtlich des Leistungsanspruchs gestützt auf Artikel 21 Absatz 1 UVG. Systematisch sind auch keine Einschränkung oder gar Befristung im Zusammenhang mit dem Alter ersichtlich. Aus dem Sinn und Zweck ergibt sich, viertens, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass der Gesetzgeber mittels der getroffenen Unterscheidung zwischen den Buchstaben c und d eine Begrenzung des Anspruchs auf Heilbehandlung für teilinvalide Personen im Alter bezwecken wollte. Bei vollinvaliden Rentenbeziehenden werden nämlich Heilungskosten gemäss den in Buchstabe d eindeutig formulierten Voraussetzungen altersunabhängig durch die Unfallversicherung getragen. Somit erschliesst sich der Sinn einer Abwälzung der vergüteten Kosten, die durch einen Unfall verursacht wurden, auf die Krankenversicherung bei teilinvaliden Rentenbeziehenden ab Eintritt ins AHV-Rentenalter nicht. Zusammenfassend sprechen der Wortlaut der Bestimmung, deren Entstehungsgeschichte, der Kontext der Norm und die teleologische Betrachtungsweise überwiegend gegen eine altersmässige Befristung der Leistungen für teilinvalide Rentenbeziehende gestützt auf Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe c UVG. Somit ist die Unfallversicherung wie bisher und bis auf Weiteres zur Kostenübernahme für eine Langzeit-Physiotherapie zum Erhalt der verbleibenden Teilarbeitsfähigkeit verpflichtet.

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