Grosser Meilenstein im Arbeitsrecht: Bundesrat möchte Whistleblowing gesetzlich regeln

Gesetzesverstösse und Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz sollen nicht unter den Teppich gekehrt, sondern Vorgesetzten und Behörden gemeldet werden. Das ist im Interesse der Wirtschaft und der Gesellschaft. Der Bundesrat will deshalb klare gesetzliche Regeln dafür, wann das Melden solcher Missstände, also das so genannte Whistleblowing, rechtmässig ist und wann nicht.

Heute sind es die Gerichte, die diese Beurteilung, teilweise recht unterschiedlich, im konkreten Einzelfall vornehmen. Die gesetzliche Regelung bringt mehr Klarheit und Rechtssicherheit, sowohl für Unternehmen wie auch für Arbeitnehmende.

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 21. September 2018 eine entsprechende Zusatzbotschaft zur Teilrevision des Obligationenrechts (OR) verabschiedet.

Das Wichtigste in Kürze:
– Gesetzesverstösse am Arbeitsplatz sollen nicht unter den Teppich gekehrt werden.
– Der Bundesrat will klare Verfahren und Regeln für das so genannte Whistleblowing, damit Missstände tatsächlich an Vorgesetze und Behörden gemeldet werden.
– Die Vorlage, die der Bundesrat dem Parlament überwiesen hat, regelt im Detail, wann eine Meldung an den Arbeitgeber, die Behörde oder die Öffentlichkeit zulässig ist und wann nicht.

Mit der Zusatzbotschaft kommt der Bundesrat einem Anliegen des Parlaments nach, das 2015 einen ersten Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen und eine verständlichere und einfacher formulierte Fassung verlangt hat. Die Überarbeitungen betreffen vor allem die Regelung des Vorgehens für eine rechtmässige Meldung.

An der Stossrichtung der Revision ändert sich damit nichts: Demnach ist eine Meldung in der Regel nur dann zulässig, wenn sie zuerst an den Arbeitgeber erfolgt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Meldung aber auch der zuständigen Behörde oder der Öffentlichkeit weiterleiten, ohne dabei seine Treuepflicht zu verletzen. Die Revisionsvorlage regelt diese Voraussetzungen im Detail. Sie beseitigt Unsicherheiten hinsichtlich des Meldeverfahrens und regelt nun auch, wann eine anonyme Meldung zulässig ist.

Ausgangslage
Am 20. November 2013 hat der Bundesrat eine Botschaft zur abschliessenden Um-setzung des Auftrags der Motion 03.3212 Gysin „Gesetzlicher Schutz für Hin-weisgeber von Korruption“ verabschiedet. Die Räte haben diese Vorlage am 10. September 2015 zurückgewiesen. Das Parlament verlangt, dass der Entwurf „verständlicher und einfacher“ formuliert wird. Der Bundesrat kommt diesem Anliegen mit dem vorliegenden Entwurf nach.

Inhalt der Vorlage
Eine Arbeitsgruppe aus Expertinnen und Experten der Bundeskanzlei und des Bun-desamtes für Justiz – die verwaltungsinterne Redaktionskommission – wurde damit beauftragt, eine einfachere und klarere Fassung des Entwurfs auszuarbeiten. Der Bundesrat hat gestützt auf die Arbeiten dieser Arbeitsgruppe seine neue Vorlage verabschiedet.

Die wesentlichen Änderungen wurden in den Artikeln 321abis–321aquinquies OR des ersten Entwurfs vorgenommen. Diese Bestimmungen regeln das Meldeverfahren. Sie bilden den grössten Teil der Bestimmungen und weisen die höchste normative Dichte auf. Zur Vereinfachung wurden hauptsächlich kürzere Formulierungen und eine leichter zugängliche Sprache verwendet. Zudem wurden Definitions- und Konkretisierungselemente gestrichen, welche eingeführt worden waren, um der in der Vernehmlassung geäusserten Kritik Rechnung zu tragen. Der Entwurf kommt jedoch nicht auf die sehr kurze Fassung des Vorentwurfs zurück, sondern schlägt einen Mittelweg vor. Ferner wurde die Struktur bestimmter Artikel geändert. Die Regelung umfasst ausserdem einen neuen einleitenden Artikel, der einen Überblick über das gesamte Meldeverfahren bietet.

In Bezug auf den ersten Entwurf sind namentlich folgende Änderungen zu verzeich-nen: Die konkretisierenden Beispiele zu den Begriffen der Unregelmässigkeit und der Meldung an die Öffentlichkeit wurden gestrichen oder gekürzt. Auch die Definition der Unregelmässigkeiten, die an eine Behörde gemeldet werden können, wurde vereinfacht. Zudem folgt die Formulierung der Voraussetzungen der Meldung im Allgemeinen einer einfacheren und kürzeren Struktur. Wie vom Parlament verlangt, bleibt der Inhalt der Vorlage von den Änderungen dagegen unberührt. Daraus folgt, dass die dem Verfahren innewohnende Komplexität in materieller Hinsicht (ver-schiedene Verfahrensetappen und Voraussetzungen, um von einer zur nächsten Verfahrensetappe zu schreiten) fortbesteht.

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