Diese Verordnung ist in Kraft und auf der Website des Bundes hier zu finden.:
Die relevante Bestimmung in der COVID-19-Verordnung 2 in der Fassung vom 21. März 2020 lautet neu:
Art. 10c Pflicht der Arbeitgeber
1 Arbeitgeber ermöglichen ihren besonders gefährdeten Arbeit¬nehmerinnen und Arbeitnehmern, ihre Arbeitsverpflichtungen von zu Hause aus zu erledigen. Sie treffen zu diesem Zweck die geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen.
2 Können Arbeitstätigkeiten aufgrund der Art der Tätigkeit oder mangels realisierbarer Massnahmen nur am üblichen Arbeitsort erbracht werden, so sind die Arbeitgeber verpflichtet, mit geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen die Einhaltung der Empfehlungen des Bundes betreffend Hygiene und sozialer Distanz sicherzustellen.
3 Ist es bei besonders gefährdeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach Artikel 10b Absatz 2 nicht möglich, im Rahmen der Absätze 1 und 2 ihre Arbeitsverpflichtungen zu erledigen, so werden sie vom Arbeitgeber unter Lohnfortzahlung beurlaubt.
4 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer machen ihre besondere Gefährdung durch eine persönliche Erklärung geltend. Der Arbeitgeber kann ein ärztliches Attest verlangen.
Dabei handelt es sich um eine sehr wesentliche Revision der Verordnung bezüglich des Arbeitsrechts in allen Branchen. In der alten Fassung galt eine simple Regelung: Besonders gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erledigen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten von zu Hause aus, sprich im Homeoffice. Wenn dies nicht möglich ist, so werden sie vom Arbeitgeber unter Lohnfortzahlung beurlaubt.
Die neue Fassung vom 21. März 2020 sieht hingegen Folgendes vor: Arbeitgeber ermöglichen besonders gefährdeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ihre Arbeit von zu Hause zu erledigen, sprich im Homeoffice. Neu haben die Arbeitgeber hierzu geeignete organisatorische und technische Massnahmen zu treffen (Abs. 1). Das tönt gut, ist aber ein «Weisser Schimmel». Homeoffice bedarf ja solcher Massnahmen.
Der neue Abs. 2 stipuliert Folgendes, und das ist der arbeitsrechtlich spannende Teil der Revision: Falls Arbeitstätigkeiten aufgrund der der Art der Tätigkeit oder mangels realisierbarer Massnahmen nur am üblichen Arbeitsort erbracht werden – mit anderen Worten, Berufe, wo kein Homeoffice möglich ist – so ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen die Einhaltung der Empfehlungen des Bundes betreffend Hygiene und sozialer Distanz sicherzustellen. Diese Bestimmung erhöht den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, z.B. im Detailhandel, indem die Hygieneschutzbestimmungen, wie z.B. «Social Distancing» eingehalten werden müssen. Der Bundesrat erhöht hier also den Arbeitnehmerschutz.
Der letzte Absatz (Abs. 4) betreffend Pflicht zur Beibringung einer persönlichen Erklärung sowie der Möglichkeit des Arbeitgebers ein ärztliches Attest zu verlangen, bleibt unverändert.
Ich bin sehr erstaunt, wie der Bundesrat hier, ohne es an der Medienkonferenz überhaupt zu thematisieren, Art. 10c der COVID-19-Veordnung 2) in der Fassung vom 21. März 2020, materiell wesentlich verändert hat: Der Schutz der besonders gefährdeten Personen wird stark gesenkt, sie können nun auch zur Arbeit am Arbeitsplatz mit Schutzmassnahmen angehalten werden und haben keinen Anspruch mehr auf Homeoffice oder Beurlaubung unter Lohnfortzahlung (Abs. 3). Gleichzeitig wurde aber durch den Bundesrat der Schutz am Arbeitsplatz für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhöht, indem Hygiene und Soziale Distanz am Arbeitsplatz sichergestellt werden müssen (Abs. 2).
Autor: Boris Etter, lic.iur. HSG, Rechtsanwalt, LL.M., www.jobanwalt.ch