In der Schweiz werden Personen ab dem Zeitpunkt der Geburt im Personenstandsregister als „männlich“ oder „weiblich“ eingetragen. Es ist nicht zulässig, den Eintrag offen zu lassen oder eine weitere Geschlechtskategorie zu wählen. Dies namentlich, weil an den Eintrag des Geschlechts zahlreiche rechtliche Konsequenzen geknüpft sind. Eine Änderung des binären Geschlechtermodells würde darum eine Vielzahl von rechtlichen Anpassungen bei Bund und Kantonen nötig machen.
Angepasst werden müsste auch die Bundesverfassung, da diese namentlich im Bereich der Militär- und Ersatzdienstpflicht keine Regelung für Personen enthält, die keinen Geschlechtseintrag haben oder die mit einem anderen Geschlecht als männlich oder weiblich im Register eingetragen sind.
Gesellschaftlicher Diskurs muss einem neuen Geschlechtermodell vorangehen
In seinem Bericht zur Erfüllung zweier Postulate aus dem Parlament (17.4121; 17.4185) macht der Bundesrat auf zahlreiche weitere Auswirkungen aufmerksam, welche die Einführung eines dritten Geschlechts oder ein genereller Verzicht auf den Geschlechtseintrag zur Folge hätte. So müssten etwa zahlreiche Register angepasst und die Statistikerhebung neu ausgestaltet werden.
Aufgrund seiner Ausführungen kommt der Bundesrat zum Schluss, dass die Auswirkungen eines neuen Geschlechtermodells in der Gesellschaft noch nicht ausreichend diskutiert worden und deshalb die Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder den generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag derzeit nicht gegeben sind. Diese Haltung teilt auch die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) in ihrem Bericht aus dem Jahr 2020. Darin hält sie fest, dass die heutige Regelung und Praxis zwar unbefriedigend seien, zuerst aber die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Aufgabe des binären Geschlechtermodells geschaffen werden müssten.