Bundesgerichtsurteil vom 4. September 2019 (1C_601/2018): Reglementierung zum Abbrennen von Feuerwerk und Knallkörpern am Nationalfeiertag

Mit Urteil vom 4. September 2019 (1C_601/2018) hat sich das Bundesgericht zur Reglementierung zum Abbrennen von Feuerwerk und Knallkörpern geäussert. Das Bundesgericht äussert sich in seinem Urteil zum Immissionschutzreglement der Gemeinde Wil (SG) zu Fragen der Verwendung von Feuerwerk und Knallkörpern anlässlich der Feiern zum 1. August, an Silvester und in der Fasnachtszeit. Die gemäss dem Reglement der Gemeinde Wil während der Fasnachtswoche durchgehend erlaubte Verwendung von Knallkörpern erfordert mit Blick auf das Ruhebedürfnis von Mensch und Tier zeitliche und/oder räumliche Einschränkungen.

Die Gemeinde Wil hatte 2015 ein neues Immissionsschutzreglement erlassen, welches auch Bestimmungen zur Verwendung von Feuerwerk und Knallkörpern enthält. Das Abbrennen von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern ist bewilligungspflichtig, ausser anlässlich der Feiern zum Bundesfeiertag und in der Nacht von Silvester auf Neujahr. Die Verwendung von Knallkörpern ist ganzjährig untersagt, ausser während der Fasnacht (Gümpeli-Mittwoch bis zum darauffolgenden Dienstag), in der Nacht von Silvester auf Neujahr und anlässlich der Feiern zum Bundesfeiertag. Eine Privatperson erhob dagegen erfolglos Beschwerden an das Departement des Innern und anschliessend ans Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen.

Die Privatperson gelangte ans Bundesgericht und verlangte weitergehende Einschränkungen bei der privaten Nutzung von Feuerwerks- und Knallkörpern. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in einem Punkt gut und weist sie im Übrigen ab. Feuerwerkskörper gehören für viele Personen zum 1. August und zum Silvester. Es besteht diesbezüglich eine Tradition, an deren Erhaltung ein gewisses öffentliches Interesse besteht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind für die Verwendung von privatem Feuerwerk keine weiteren zeitlichen oder räumlichen Einschränkungen erforderlich als im Reglement vorgesehen. Aus Sicht der Luftreinhaltung käme es durch zeitliche und/oder räumliche Beschränkungen am 1. August lediglich zu einer Konzentration der privaten Feuerwerke auf gewisse Zeiten und Orte, ohne dass die damit verbundenen Feinstaubimmissionen reduziert würden. Was den Schutz von Menschen und Tieren vor Lärm betrifft, erscheint die Feststellung des Verwaltungsgerichts plausibel, dass das Abbrennen von Feuerwerk am 1. August erst im Verlauf des Dunkelwerdens und an Silvester um Mitternacht seinen Höhepunkt erreicht. Da es sich somit um eine Zeitspanne von wenigen Stunden handelt, scheint es zumutbar, dass sich Personen durch das Schliessen von Türen und Fenstern schützen und Haustiere an einen lärmgeschützten Ort verbracht werden. Nicht unproblematisch ist die Ausdehnung des bewilligungsfreien Abbrennens von Feuerwerk auf den Vorabend des 1. Augusts, was von der im Reglement verwendeten Formulierung „anlässlich der Feiern zum Bundesfeiertag“ umfasst ist. Mit dieser Regelung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Personen dazu übergegangen sind, bereits am Vorabend des Nationalfeiertags zu feiern. Dies hat jedoch zur Folge, dass es an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zu Ruhestörungen kommen kann, was lärmrechtlich das Maximum des Zulässigen darstellt. Die fragliche Bestimmung muss in diesem Sinne restriktiv angewendet und darf nicht noch auf weitere Tage ausgedehnt werden. Sollten aus lärmrechtlicher Sicht gewisse punktuelle räumliche Einschränkungen erforderlich sein (z.B. Kliniken, Altersheime), könnten diese im Einzelfall direkt gestützt auf das Umweltschutzgesetz angeordnet werden.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut mit Blick auf das Ruhebedürfnis von Mensch und Tier beim erlaubten Zünden von Knallkörpern während der ganzen Fasnachtswoche. Am Zünden von Knallkörpern besteht grundsätzlich kein öffentliches Interesse. Auch das private Interesse vermag eine bis einwöchige Störung der Ruhezeiten, insbesondere der Nachtruhe, nicht zu rechtfertigen. Ohne zeitliche Beschränkung ist es auch kaum möglich, Personen und Haustiere wirksam vor den Lärmimissionen zu schützen. Es erscheint deshalb zumutbar und geboten, in der Fasnachtszeit zeitliche und/oder räumliche Beschränkungen vorzusehen. Die Sache wird in diesem Punkt an die Stadt Wil zurückgewiesen.

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