Bundesgerichtsurteil vom 10. Oktober 2018 (6B_1314/2016, 6B_1318/2016)

Mit Urteil vom 10. Oktober 2018 (6B_1314/2016, 6B_1318/2016) bestätigte das Bundesgericht den Freispruch von Rudolf Elmer vom Vorwurf der mehrfachen Verletzung des Bankgeheimnisses. Es weist die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen das Urteil des Zürcher Obergerichts ab. Mit dem Obergericht ist davon auszugehen, dass Rudolf Elmer bei der Veröffentlichung von Bankdaten nicht dem Bankgeheimnis unterstanden hat. Die Beschwerde von Rudolf Elmer heisst das Bundesgericht in Nebenpunkten teilweise gut.

Rudolf Elmer war ab 1994 Chefbuchalter der auf den Kaimaninseln domizilierten Julius Baer Bank & Trust Company Ltd. (JBBT), einer Schwesterfirma der in Zürich ansässigen Bank Julius Bär & Co. AG. Beide Unternehmen waren Teil der Julius Bär Holding AG mit Sitz in Zürich. Ab 1999 leitete er das operative Geschäft der JBBT. Im Dezember 2002 wurde das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt und Rudolf Elmer per sofort freigestellt. 2010 erhob die Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland Anklage gegen Rudolf Elmer. Ihm wurde im Wesentlichen eine Verletzung des Bank- respektive des Geschäftsgeheimnisses zur Last gelegt, indem er Bankkundendaten, die ihm als Mitarbeiter der Julius Bär Holding AG respektive der zugehörigen Konzerngesellschaft auf den Kaimaninseln zugänglich waren, an Personen und Stellen weitergeleitet habe (Steuerverwaltungen der Kantone Basel-Stadt und Zürich, Eidgenössische Steuerverwaltung [ESTV], Zeitschrift Cash), die darauf keinen Anspruch gehabt hätten. Weiter wurden ihm mehrfache versuchte Nötigung und mehrfache Drohung vorgeworfen. Das Bezirksgericht Zürich sprach ihn 2011 der mehrfachen Verletzung des Bankgeheimnisses

schuldig, der mehrfachen versuchten Nötigung und in einem Fall der Drohung. In einer zweiten Anklage der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich wurde Rudolf Elmer 2014 eine Urkundenfälschung und die mehrfache (teilweise versuchte) Verletzung des Bank- respektive des Geschäftsgeheimnisses vorgeworfen (Weiterleitung von Bankkundendaten an WikiLeaks 2008, angekündigte Übergabe von weiteren Daten an WikiLeaks 2011, Angebot von Daten deutscher Staatsangehöriger an den damaligen deutschen Finanzminister). Das Bezirksgericht Zürich sprach ihn 2015 der Urkundenfälschung und der mehrfachen Verletzung des Bankgeheimnisses in Bezug auf einen Teil des Anklagekomplexes WikiLeaks 2008 schuldig. Auf Beschwerde von Rudolf Elmer und der Staatsanwaltschaft sprach das Obergericht des Kantons Zürich Rudolf Elmer bezüglich sämtlicher Vorwürfe der Verletzung des Bankkundengeheimnisses frei oder stellte die Verfahren ein. Es war zum Schluss gekommen, dass Rudolf Elmer zu den möglichen Tatzeitpunkten weder bei einer Schweizer Bank angestellt noch von einer solchen beauftragt gewesen sei und damit nicht dem Bankgeheimnis unterstanden habe. Verurteilt wurde er wegen Drohung (Mail an einen Mitarbeiter der Bank Julius Bär & Co. AG) und Urkundenfälschung (fingierter Brief an die deutsche Bundeskanzlerin). Das Obergericht verurteilte ihn dafür und wegen einer bereits rechtskräftig gewordenen versuchten Nötigung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Gegen den Entscheid des Obergerichts gelangten die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft und Rudolf Elmer mit Beschwerden ans Bundesgericht.

Das Bundesgericht weist an seiner öffentlichen Beratung vom Mittwoch die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ab und bestätigt den Freispruch von Rudolf Elmer vom Vorwurf der mehrfachen Verletzung des Bankgeheimnisses. Es bleibt damit im Strafpunkt bei der Verurteilung durch das Obergericht. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass Rudolf Elmer nicht dem Bankgeheimnis unterstanden hat. Artikel 47 des Bankengesetzes (BankG), welcher das Bankkundengeheimnis schützt, kommt nicht zur Anwendung in Bezug auf Kundenbeziehungen der ausländischen Filialen einer Schweizer Bank. Dies entspricht herrschender Lehre und Rechtsprechung und wurde vom Bundesgericht erst vor Kurzem bestätigt. Wenn ausländische Filialen schweizerischer Banken nicht von Artikel 47 BankG erfasst werden, so muss dies umso mehr gelten, wenn es sich wie vorliegend um die ausländische Tochtergesellschaft einer schweizerischen Holdinggesellschaft handelt, die ihrerseits nicht einmal dem Bankengesetz untersteht. Es fehlt insofern an einem geeigneten Tatobjekt, weil die von Rudolf Elmer offenbarten Daten allesamt aus den Beständen der JBBT mit Sitz auf den Kaimaninseln stammen. Hinzu kommt, dass Rudolf Elmer auch persönlich nicht der schweizerischen Bankengesetzgebung unterlag. Die von ihm weitergeleiteten Informationen hat er nicht als Angesteller oder Beauftragter der schweizerischen Bank Julius Bär & Co. AG erlangt, sondern aufgrund seiner Stellung bei der JBBT. Schliesslich sind bezüglich des Vorwurfs der Bankgeheimnisverletzung auch die Voraussetzungen für die Anwendung des schweizerischen Strafrechts nicht erfüllt, womit kein Gerichtsstand in der Schweiz besteht. Die Beschwerde von Rudolf Elmer heisst das Bundesgericht insofern teilweise gut, als von ihm im Hinblick auf die Rückgabe beschlagnahmter Gegenstände ein Kostenvorschuss verlangt wurde, sowie bezüglich zweier Punkte betreffend die Modalitäten der Herausgabe.

 

 

 

 

Quelle: Medienmitteilung Bundesgericht vom 10. Oktober 2018

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