Botschaft des Bundesrats zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Cannabisarzneimittel) vom 24. Juni 2020 – Legalisierung von medizinischem Einsatz von Cannabis

Der Bundesrat hat heute die Botschaft zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Cannabisarzneimittel) vom 24. Juni 2020 veröffentlicht. Im Zentrum der Vorlage steht die Aufhebung des Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken im Betäubungsmittelgesetz. Dadurch soll der Umgang mit Cannabisarzneimitteln erleichtert werden. Das gesetzliche Verkehrsverbot soll auf Cannabis beschränkt werden, welches «nicht zu medizinischen Zwecken» verwendet wird. Um Erkenntnisse zu gewinnen über die medizinische Verwendung von Cannabisarzneimitteln, sollen befristet Daten erhoben werden können.

Der Bundesrat informiert in der Botschaft zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Cannabisarzneimittel) vom 24. Juni 2020 wie folgt:

Ausgangslage
Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis dürfen gemäss geltendem Betäubungsmittelgesetz (BetmG) weder angebaut, eingeführt, hergestellt noch in Verkehr gebracht werden. Eine medizinische Verwendung von Cannabis im Rahmen des regulären betäubungsmittelrechtlichen Kontrollsystems ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) kann jedoch gestützt auf Artikel 8 Absatz 5 BetmG u. a. das Inverkehrbringen von verbotenen Betäubungsmitteln zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung, der Arzneimittelentwicklung oder der beschränkten medizinischen Anwendung ausnahmsweise bewilligen, sofern kein internationales Abkommen entgegensteht.

Für den Umgang mit Betäubungsmitteln, die als Arzneimittel zugelassen sind, braucht es im Rahmen der zugelassenen Anwendung hingegen keine Ausnahmebewilligung des BAG. Bis heute erhielt nur ein Cannabisarzneimittel eine Zulassung der Swissmedic und keines ist auf der Spezialitätenliste des BAG für die Vergütung zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP).

Das Heilmittel- und auch das Krankenversicherungsrecht verlangen wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise für die Zulassung bzw. die Kostenübernahme von Arzneimitteln. Zwar gibt es beschränkte Belege für die Wirksamkeit von Cannabis bei der Behandlung von chronischen Schmerzen, Übelkeit bei Chemotherapie und Spasmen bei Multipler Sklerose. Aber für die meisten Cannabisarzneimittel sind die vorliegenden Evidenzen ungenügend, wie der Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Motion Kessler (14.4164) feststellt.

Trotz den administrativen und finanziellen Hürden nahmen die Gesuche von Ärztinnen und Ärzten für eine Ausnahmebewilligung zur Behandlung mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln stetig zu.

Aus heutiger Sicht ist dieses System für alle Beteiligten aufwendig und erscheint in wichtigen Belangen nicht mehr adäquat. Dieser Entwicklung soll Rechnung getragen und der Widerspruch zwischen der zunehmenden medizinischen Verwendung von Cannabis und dessen Einstufung als verbotenes Betäubungsmittel aufgelöst werden. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 4. Juli 2018 betreffend den Bericht in Erfüllung der Motion Kessler (14.4164) das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beauftragt, ihm eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage zu unterbreiten.

Inhalt der Vorlage
Mit der angestrebten Gesetzesrevision sollen die Voraussetzungen verbessert werden, damit das Heil- und Palliativpotenzial von Cannabis als Arzneimittel besser genutzt und Cannabisarzneimittel mit möglichst geringem bürokratischem Aufwand kranken Menschen zugänglich gemacht werden können. Die Vorlage umfasst die im Bundesratsbeschluss vom 4. Juli 2018 festgehaltenen Eckwerte und nimmt die Anliegen der hängigen politischen Vorstösse zur medizinischen Verwendung von Cannabis auf (Motion Markwalder, 18.3148, Motion SGK-N, 18.3389).

Im Zentrum der Vorlage steht die Aufhebung des Verkehrsverbots für Cannabis zu medizinischen Zwecken im BetmG. Dadurch soll der Umgang mit Cannabisarzneimitteln erleichtert werden. Eine Ausnahmebewilligung des BAG für deren Verwendung soll nicht mehr erforderlich sein. Zur Erreichung der Ziele dieser Revision ist eine Anpassung des Heilmittelrechts nicht notwendig.

Zudem sollen in Zusammenhang mit den Behandlungen mit Cannabisarzneimitteln Daten erhoben werden. Zu diesem Zweck sollen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, dem BAG die notwendigen Daten zu übermitteln. Damit soll die Entwicklung bei der Anwendung von zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln beobachtet und insbesondere auch Erkenntnisse über deren Sicherheit gewonnen werden. Die gesammelten Angaben der wissenschaftlichen Evaluation der Massnahmen dieser Revision dienen sowie den zuständigen kantonalen Vollzugsorganen und den verschreibenden Ärztinnen und Ärzten eine Orientierungshilfe geben. Die Frage der Vergütung der Kosten für Cannabisarzneimittel soll dagegen gemäss dem erwähnten Bundesratsbeschluss aus der Vorlage ausgeklammert werden. Die Finanzierung einer (teilweisen) Vergütung über die OKP (oder eine allfällige alternative Finanzierung) klärt das EDI in einem separaten Prüfauftrag ab.

Zu den geplanten Gesetzesänderungen gehört u.a. die Revision von Art. Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG:
«Die folgenden Betäubungsmittel dürfen weder angebaut, eingeführt, hergestellt noch in Verkehr gebracht werden:
d. Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis, soweit sie nicht zu medizinischen Zwecken verwendet werden.»

Keine Liberalisierung der nichtmedizinischen Verwendung von Cannabis
Nicht Gegenstand des vorliegenden Entwurfs ist gemäss dem Bundesrat der Bereich der nichtmedizinischen Verwendung von Cannabis.

Hierzu hat der Bundesrat am 27. Februar 2019 eine separate Vorlage ans Parlament überwiesen, mit der im BetmG eine befristete Grundlage für begrenzte wissenschaftliche Pilotversuche zur Erprobung neuer Regelungen des gesellschaftlichen Umgangs mit Cannabis geschaffen werden soll.

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