Arbeitsrecht aus dem Bundesgericht: Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bei Alkoholkrankheit bejaht

Bei einem alkoholkranken Servicetechniker, der nach einem Autounfall im betrunke­nen Zustand und sofortigem Führerausweisentzug zur stationären medizinischen Suchtbehandlung eingewiesen wurde, ist von einer unverschuldeten Arbeitsverhinde­rung auszugehen. Seinen Arbeitgeber trifft damit eine Pflicht zur Lohnfortzahlung. Das Bundesgericht weist im kürzlich publizierten Urteil 4A_221/2025 vom 11. September 2025 dessen Beschwerde ab. Das Bundesgericht äusserte sich u.a. wie folgt: Die Frage, ob eine Arbeitsverhinderung infolge von Alkohol- oder Drogensucht verschuldet oder unverschuldet ist, muss nach den Besonderheiten des Ein­zelfalls beurteilt werden. Gleitet jemand über einen längeren Zeitraum gleichsam unmerk­lich in eine immer tiefere Abhängigkeit mit Krankheitswert, ist gemäss Bundesgericht grundsätzlich von Krankheit und nicht von einem Verschulden der betroffenen Person auszugehen.

Sachverhalt und Entscheide Vorinstanzen

Ein Servicetechniker hatte 2022 in alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall verur­sacht, der zum sofortigen Entzug des Führerausweises und zu seiner späteren Verurtei­lung führte. Anschliessend an den Unfall wurde er fürsorgerisch zur stationären Behand­lung der diagnostizierten Alkoholabhängigkeit eingewiesen und war demzufolge an der Arbeitsleistung verhindert. Das Kantonsgericht des Kantons Luzern bestätigte 2024 einen Anspruch des Betroffenen auf Lohnfortzahlung während der Arbeitsverhinderung, da diese krankheitsbedingt war.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 4A_221/2025 vom 11. September 2025

Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Arbeitgebers ab. Der Anspruch auf Lohn­fortzahlung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer ohne Verschulden an der Arbeitsleis­tung verhindert ist. Die Frage, ob eine Arbeitsverhinderung infolge von Alkohol- oder Drogensucht verschuldet oder unverschuldet ist, muss nach den Besonderheiten des Ein­zelfalls beurteilt werden. Gleitet jemand über einen längeren Zeitraum gleichsam unmerk­lich in eine immer tiefere Abhängigkeit mit Krankheitswert, ist grundsätzlich von Krankheit und nicht von einem Verschulden der betroffenen Person auszugehen. Im konkreten Fall ist unbestritten, dass es sich bei der Alkoholsucht des Arbeitnehmers um eine Krankheit handelt. Liegen mehrere Gründe für eine Arbeitsverhinderung vor – hier der Unfall mit Führerausweisentzug, die Krankheit und die stationäre Behandlung –, so ist für die jewei­lige Zeitperiode zu beurteilen, aus welchem Grund der Arbeitnehmer an der Arbeitsleis­tung verhindert war und ob der jeweilige Grund als verschuldet oder unverschuldet gilt. Vorliegend wäre es ohne die fortgeschrittene Alkoholsucht nicht zur anschliessenden fürsorgerischen Unterbringung mit stationärer Behandlung gekommen. Der Führeraus­weisentzug kann nicht als ein für sich bestehender unabhängiger Grund für die Arbeits­verhinderung betrachtet werden. Dieser änderte nichts an der bereits bestehenden Arbeitsverhinderung infolge Krankheit samt Einweisung.

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