20 Minuten Coverstory Arbeitsrecht: Chefin zwingt Lehrling trotz Grippe zur Arbeit

Die heutige Print-Ausgabe von 20 Minuten behandelt in ihrer Coverstory Arbeitsrecht: „Chefin zwingt Lehrling trotz Grippe zur Arbeit“.

Der Sachverhalt: Eine Schuhverkäuferin (Lehrling) hatte Kopfschmerzen, Husten und Schluckweh. Der Arzt diagnostizierte eine Grippe und schrieb die junge Frau krank. Ihre Chefin wollte das nicht akzeptieren und schrieb der jungen Frau eine SMS wonach sie enttäuscht sein und so dass sie nicht so krank gewirkt habe. Die Chefin wisse auch, wie schnell Ärzte Zeugnisse ausstellen. (Quelle: 20 Minuten Printausgabe vom 11. Februar 2019, Seite 1)

Gemäss 20 Minuten ist der Fall für die Gewerkschaft „inakzeptabel“. Aus der Sicht des Arbeitsrecht dürfte dem beizustimmen sein. Da aus Zeitungsartikeln nicht alle Fakten bekannt sind, werden hier allgemeine arbeitsrechtliche Erläuterungen zum Thema Krankschreibung und Arztzeugnis angebracht.

Der kranke Arbeitnehmer kann der Arbeit fernbleiben und hat im Rahmen von Art. 324a OR bzw. einer die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitnehmers rechtsgültig ablösenden Krankentaggeldversicherungslösung Anspruch auf Lohnfortzahlung (während einer gewissen Dauer). Oft bestimmen Arbeitsverträge oder Arbeitsreglemente, dass nach einer gewissen Zeit, etwa ab dem zweiten oder dritten Krankheitstag ein Arbeitszeugnis beizubringen ist.

Der Beweis für die Arbeitsverhinderung durch Krankheit obliegt dem Arbeitnehmer. Meistens wird dieser Beweis durch Arztzeugnisse erbracht. Grundsätzlich kann die Gesundheitsstörung auch durch andere Beweise nachgewiesen werden, wie etwa Arztgutachten. Einzelne Fälle sind auch offenkundig, wie sichtbare Verletzungen (Beinbrüche etc.).

Dem Arztzeugnis kommt hingegen kein absoluter Beweiswert zu. Der Richter kann, ja muss sich sogar, über ein ärztliches Zeugnis hinwegsetzen, wenn sich aus den Umständen ergab, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht bestand. Bei einer Grippe können auch äussere Symptome bereits klare Indikationen liefern.

Auch möglich sind z.B. vertrauensärztliche Untersuchungen, welche aber in der Praxis i.d.R. erst nach längeren Krankheitsabsenzen zur Diskussion stehen.

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